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Aus der Welt der Musik

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Musikstadt Wien. Von Alfred O r e 1. Eduard-Wancura-Verlag, Wien-Stuttgart. 414 Seiten.

Das Buch hieß früher „Wiener Musik. Ihr Wesen und Werden. Von R. Valerian“ und war im Verlag der Brüder Hollinek erschienen. Es war damals, 1947, auf schlechtem Papier gedruckt und mit 10 Bildern ausgestattet. Heute präsentiert es sich recht stattlich, mit 47 hervorragend schönen Bildtafeln, einer gut gearbeiteten „Zeitlichen Uebersicht“ und einem ebenso nützlichen „Erläuternden Register der Personen und Namen“ |(S. 337 bis. 405). Geblieben ist leider der Text in seinen wesentlichen Teilen und mit seiner Grundtendenz. Volk und Volkstum, Land und Landschaft — wer wollte ihren bedeutenden Einfluß auf die Musik leugnen? Aber hier, im Buch von Alfred Orel, werden sie auf eine ungute Art überakzentuiert. Arteigene und fremde Kunst liegen in ständigem, heftigem Kampf, und man vermeint bei der Lektüre mancher Seiten, ein Buch von Clause-witz — und nicht eine Geschichte der Wiener Musik erwischt zu haben. „Eindringen“, „Abwehr“, „Eroberung“ — durch solche militant-strategische Termini wird das Bild zwar „dynamisch“, aber im Sinne einer bestimmten Richtung verzerrt. Welches diese Richtung ist, muß der Leser erraten. Völlig überflüssig, Beispiele anzuführen. Wo Ihr's aufschlagt, da ist's interessant. Am interessantesten freilich ganz am Schluß des Textteiles, auf Seite 323: „Als Wien vor mehr als dreißig Jahren am Rande des Abgrundes stand, beschworen zum politischen Niederbruch hinzu die unvermeidlichen Satelliten solcher Zeiten ungeistige Elemente, die aus dem ethischen Niedergang einer demokratischen Kriegszeit herauswuchsen, auch den Untergang der alten Stadt herauf.“ So, nun wissen wir's. Die Katz' ist aus dem Sack, und der Leser atmet erleichtert auf.

Aus der Werkstatt der Komponisten. Von Rudolph Franz Brauner. Verlag für Jugend und Volk, Wien 1952. (Als Manuskript gedruckt.) 384 Seiten.

R. F. Brauner hat mit diesem Buch eine systematisch zusammengestellte allgemeine Musiklehre vorgelegt, die eine willkommene vorbereitende Ergänzung zu seinem vor vier Jahren erschienenen Buch „Vom Dreiklang zum Zwölf-tonäkkord“ darstellt. Der Untertitel „Streiflichter auf den Werdegang der Tonschöpfung vom Notenblatt zur Orchesteraufführung“ kündigt allerdings mehr an, als das Buch hält. Dieses macht vor allem mit dem „Materiellen der Musik“ bekannt, geht aber auf das wirklich Schöpferische, das zum „Werdegang der Tonschöpfung“ gehört, nicht ein. Nichtsdestoweniger ist die saubere theoretische, manchmal vielleicht zu trockensachlich . und kompliziert geschriebene Arbeit Brauners begrüßenswert, weil sie uns ein im großen und ganzen verläßliches Handbuch der Musiklehre bietet, dessen Wert durch ein ausführliches Sachregister verstärkt wird. Das Buch ist nicht zum kursorischen Durchlesen geeignet, sondern will eher Kapitel für Kapitel durchgesehen werden. Der gelungene Abschnitt über das Wesen der Form und die Darlegungen über „Atonalität“ und „Zwölftontechnik“ verdienen Hervorhebung. Kleine Fehler (Allegris „Miserere“ stammt nicht — wie auf Seit 64 gesagt wird — aus dem 13. Jahrhundert! Notenbeispiel 182 ist schlecht bearbeitet und zum Teil unrichtig!) werden sich bei endgültiger Drucklegung leicht beseitigen lassen.

Joseph Haydn. Dokumente seines Lebens und Schaffens. Von Hans R u t z. Verlag C. H. Beck, München 1953. 160 Seiten.

Das Ansehen Joseph Haydns, des chronologisch Ersten der Wiener Klassiker in der Musikwelt, ist in jüngster Zeit vor allem durch das Schaffen der „Neoklassiker“ unter den modernen Komponisten bedeutend gestiegen — und hat die Literatur der historischen und musikwissenschaftlichen Haydn-Forschung um viele heue Werke bereichert. Des großen Meisters Leben und Wirken in einer volkstümlichen und doch authentischen Biographie dem Publikum näherzubringen, ist das Verdienst des Verlages und des Autors, die ihren dokumentarischen Lebensberichten über Beethoven, Mozart und Schubert nun einen Band über Haydn folgen ließen. Berichte von Zeitgenossen, Dokumente, Kritiken und Briefstellen, vom Herausgeber vorbildlich zu einem Ganzen gefügt, geben ein lebendiges Bild des ebenso ereignisarmen wie fruchtbaren Lebens und der Umwelt eines der ganz Großen der Musik. Dessen edlen Charakter lernen wir gleichermaßen bewundern, wie die Gesellschaft seiner Zeit, die genügend Verständnis und Großzügigkeit aufbrachte, Bedingungen zu schaffen, die die volle Entfaltung eines Genies ermöglichten. Ausstattung und Druck des Buches sind mustergültig.

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