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Joseph Haydn

19451960198020002020

leben, Bedeutung, Werk. Von Leopold Nowak. Mit 175 Textbildern, Abbildungen, Notenbeispielen, Faksimiles, Karten und 105 Vignetten. Amalthea,Verlag, Zürich-Leipzig-Wien

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leben, Bedeutung, Werk. Von Leopold Nowak. Mit 175 Textbildern, Abbildungen, Notenbeispielen, Faksimiles, Karten und 105 Vignetten. Amalthea,Verlag, Zürich-Leipzig-Wien

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Obwohl er Mozart überlebt hat und sein Name mit dem der anderen Meister der Wiener Klassik“ ein Begriff für die ganze Welt geworden ist, blieb Joseph Haydn uns zeitlich und persönlich der fernste unter ihnen. Er teilt das Los mancher anderen großen Vorfahren: wir sind stolz auf sie, aber wir wissen wenig von ihnen. So ist, wenn es auch an Literatur über ihn nicht gerade mangelt, ein neues biographisches Buch, ein Versuch, ihn mit unseren Augen möglichst klar zu sehen, eine dankenswerte und verdienstvolle Aufgabe gewesen, deren Lösung nur aus innigster Verbindung von gewissenhafter Forscherafbeit und menschlich letzter Bereitschaft unternommen werden konnte. Immer neu muß ja den Generationen Leben und Werk der Großen wieder aufgeblättert werden, soll ihr Besitz lebendig bleiben und nicht zu musealer Vergangenheit erstarren. Universitätsprofessor Dr. Leopold Nowak hat für uns Lebende diese Arbeit an Joseph Haydn geleistet und schon durch die innere Haltung seines Buches ein über das Biographische hinaus wirkendes Werk geschaffen, das in seinen ethischen und erzieherischen Werten unserer Zeit, besonders aber unserer Jugend Entscheidendes zu sagen hat. Uber die Ehrfurcht vor der Größe des Genius gelangt es in die Nähe des Menschen und seiner Eigenart und geht von da aus an die Betrachtung seines Schaffens) führt auf diesem absolut richtigen Weg die berüchtigte alte Antithese von Talent und Charakter endgültig ad absurdum und zeigt in Haydns Leben und Werk vielmehr aus der Synthese beider Komponenten die menschliche und künstlerische Größe auf. Wie Haydn in seiner Bedientenstellung“ im Hause Esterhazy der Freiheiten“ nicht bedarf, um frei zu sein, hinterlassen Glanz und Ehren seines Londoner Aufenthaltes keine Spuren an seinem schlichten aufrechten, echt österreichischen Wesen, das sich am echtesten dort offenbart, wo andere versagen: im Fortschreiten zu neuer Größe, wo man es am Ende seiner Kraft wähnt; in der Vervielfachung seines Arbeits pensums, da es den gesellschaftlichen Verpflichtungen kaum mehr nachzukommen vermag, und in der humorvollen Selbstverständlichkeit, mit der diese Probleme gemeistert wer-deren, sowie in der fröhlichen Rückkehr in seine weit bescheidenere heimatliche Existenz.

Das Buch ist in ebenso knapper als herznaher Sprache geschrieben, deren eleganter Schliff nichts an Wärme und Unmittelbarkeit einbüßt. Die Kulturwelt des 18. Jahrhunderts ist in vielen historischen und gesellschaftlichen Zügen eingefangen, die Profile der bedeutenden Persönlichkeiten sind mit Prägnanz gezeichnet, die Plastik der Schilderung gibt trotz der Kürze der Abschnitte über jede Entwicklungsphase Haydns volle Klarheit. Die Kapitel über sein Opernschaffen bringen psychologisch und selbst stofflich neue Züge in das Bild. Vollends über Haydns Kirchenmusik ist — vielleicht zum ersten Male — auch im liturgischen Sinn Gültiges gesagt. Ein bestrickender Reiz des Buches: hinter der wissenschaftlichen Sachlichkeit steckt ein poetischer Unterton, der die Distanz aufhebt und den Leser in die unmittelbare Nähe des Erlebens stellt.

Die Musik der Neutöner von heute, auf den 500 Seiten kaum mit gelegentlichen Seitenblicken bedacht, erhält im Nachwort einige Seitenhiebe, die zumindest nicht alle verdient sind. Auch Haydn galt seiner Zeit als Neutöner und erfuhr des Widerspruchs genug. Noch der musikalisch hochgebildete Grillpar-zer, der Mozart mit der Krone der Schöpfung, Beethoven dagegen mit dem Chaos verglich, nennt die Musik Haydns Berge, das sind große, aber unbeholfene Massen“. Er sah nur die Berge, aber nicht die Gipfel, da er zu nahe stand. Auch wir sehen die Gipfel unserer Berge nicht. Haydn aber ist uns lebendig, nicht durch die Vertrautheit seiner klanglichen und harmonischen Mittel, sondern durch die wirkende Kraft seines schöpferischen Ingeniums, das Formen schuf, Neuland eroberte, der Entwicklung gewaltige Perspektiven aufriß, die bis heute nicht erschöpft sind, wie der Verfasser selbst überzeugend darlegt. In diesem Sinne hate Maurice Ravel Haydn den neuesten österreichischen Komponisten genannt, und in diesem Sinne ist uns das Buch eines der wertvollsten Werke der neuen Musikliteratur.

Archiv für Völkerkunde. Band IV. Herausgegeben vom Museum für Völkerkunde in Wien und vom Verein „Freunde der Völkerkunde“. Redaktion Dr. Etta Becker-Donner und Dr. .Annemarie Schweeger-Hefe 1. Wilhelm Braumüller, Universitätsverlag, Wien IX. 228 Seiten, mehrere Bildtafeln, broschiert S 44.—.

Die Publikationen des Archivs für Völkerkunde setzen unter schwierigen Umständen eine große Tradition sehr verdienstvoll fort. In Band IV sind mit bemerkenswerten Forschungsberichten der afrikanischen Ethnographie vertreten: Martin Gusinde, Norbert Mylius, Agathe Schmidt, Ludwig Zöhrer und M. D. W. Jeffreys. Auf einer Schenkung des in letzter Zeit vielgenannten Heinrich Harrer in Lhasa fußt die bibliographische Studie von Rene Nebesky-Wojkowitz über tibetanische Linguistik. Paul Wirz befaßt sich mit der Deutung figurlicher Schiffs- und Vogeldarstellungen aus dem Mittleren und Fernen Osten. Ein Beitrag von K. A. Nowotny erinnert an die Leistungen des vormärzlichen österreichischen Brasilienforschers Natterer.

Albrecht Dürers Brautfahrt In die Welt. Von Leo Weismantel. Verlag Karl Alber. München-Freiburg 1950. 443 Seiten.

Die Gestalt Albrecht Dürers hat bereits eine Reihe von Autoren zur dichterischen Darstellung angeregt. Es sei hier nur an die Romane von H. Cl. Kosel, Paul Frischauer und Eugen Ortner erinnert. Weismantel, der uns in einigen bekannten Künstlerromanen die Persönlichkeiten von Tilman Riemenschneider, Veit Stoß und Matthias Grünewald nahebrachte, hat das Leben des großen Meisters in einem umfangreichen Romanwerk geschildert, dessen Manuskript gegen Ende des Krie-des durch Brand zu einem großen Teil vernichtet wurde. Der vorliegende Band, dem noch ein zweiter mit dem Titel Der junge Meister“ folgen soll, enthält einen Anhang mit Hinweisen auf die geschichtlichen Grundlagen des Werkes. Er zeigt deutlich die besonderen Schwierigkeiten, die sich der dichterischen Behandlung von Dürers Leben entgegenstellen. Angesichts der vielen ungeklärten Fragen und einander widersprechenden Ergebnisse der Dürer-Forschung war sich der Autor der Problematik seines Unterfangens wohl bewußt. Er wollte keineswegs frei erfundene Lebensumstände als Ersatz geben, sondern die dichterische Gestaltung auf der wissenschaftlichen Forschung aufbauen, soweit dies möglich ist. Es empfiehlt sich, den Anhang zuerst zu lesen, da er über die vielen, von den Kunsthistorikern diskutierten Probleme unterrichtet und so deutlich macht, weleher Auffassung der Autor folgte und welche eigenen Wege der Deutung er ging.

Der Roman zeigt wieder Weismantels bewährte Fähigkeiten als Erzähler. Er bemüht sich um tiefere psychologische Erfassung der Charaktere und hält sich von wirklichkeitsfremder Romantik fern. Anerkennend sei vermerkt, daß er darauf verzichtete, die Personen in jenem altertümlichen Chronikstil reden zu lassen, der manche historische Romane aus dieser Zeit so unerfreulich macht. Die Diskussion über künstlerische Fragen in den Gesprächen sind manchmal etwas zu breit geraten und beeinträchtigen die lebendige Wirkung. Das Buch reiht sich den anderen Künstlerromanen Weismantels an, die, wie er selbst sagt, vor allem Führer der Leser zu einem unsterblichen Werk“ sein wollen.

Der Christ von heute. Losungen und Gedanken von Kardinal Jules Saliege. Verlag Otto Walter in Ölten. 151 Seiten.

Zu den nicht allzu Zahlreichen, die im abgelaufenen Jahrzehnt im Machtbereich der jeweiligen Gewalthaber öffentlich ihre Stimme gegen jede Untat erhoben — mochte es sich um die Ausrottung' der Juden unter Hitler oder um die Ermordung Mißliebiger bei der Befreiung Südfrankreichs handeln —, zählt Kardinal Jules Saliege, Erzbischof von Toulouse. Von diesem mutigen Mann waren mutige Worte über die geistigen Wirrnisse, die Herzenskälte und seelische Flachheit der Zeit zu erwarten. Diese Erwartung wird dem Leser des kleinen Werkes mehr als erfüllt: Auf wen schlug Christus mit Ruten? Auf die Römer? Nein! Auf das Volk? Nein! Auf die Händler im Tempel? Ja!“ sei als Beispiel hierher gesetzt. Wer in den inneren Bedrängnissen einer richtungslosen, vielfach form-oder namenschristlichen Umwelt Trost, Stärkung und Weisung sucht — hier wird er sie finden. Carl v. Peez

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