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Ausstellungen — sehr vermischt

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Die „Neue Galerie“ in der Grünangergasse zeigt in diesen Wochen eine große Kollefktion von Bildern jener 90jährigen Amerikanerin, die unter dem Kosenamen „Grandma Moses“ und dank einer tüchtigen überseeischen Kulturpropaganda sehr rasch zu einem sensationell anmutenden Weltruhm gelangte — sensationell genug jedenfalls, um nicht nur Neugier, sondern auch Skepsis hervorzurufen. Nun, man betritt die „Neue Galerie“ zwar skeptisch — aber man verläßt sie erheitert, erfrischt und innerlich bereichert. Man versteht, daß Großmutter Moses in Amerika geliebt wird...

Diese alte Frau ist kein Genie — oder besser gesagt, sie ist nicht genialer, als es die Volkskunst aller Länder zu jeder Zeit war. Ihre schöpferische Begabung unterscheidet sich in nichts von der eines Kindes, das mit größter Selbstverständlichkeit und nach geheimnds-vollen inneren Bildvorstellungen ein naives Kunstwerk nach dem andern hervorzubringen imstande ist — das Erstaunliche aber ist, daß sie diese Begabung frisch und unvermindert zu bewahren und mit der Weisheit ihres hohen Alters zu sättigen vermochte. Das Zusammentreffen von Naivität und Weisheit, das die Landschaften und gemalten Jugenderinnerungen der Greisin so ' ungemein liebenswert macht, ist weniger ein künstlerisches denn ein menschliches Phänomen, und so mißlich es sonst ist, von Kunstwerken auf den Charakter ihres Urhebers zurückzuschließen — hier darf man es: aus 'den Grandma-Moses-Bildern strömt zuviel reine, gütige Mensdilichkeit, als daß ein Besucher davon unbeeindruckt bleiben könnte. Sie besitzen den nicht geringen künstlerischen Wert echter Volkskunstwerke; ihr menschlicher Wert ist aber schwerlich einzuschätzen. Der Kritiker hat hinzuzufügen, daß in einzelnen Gemälden, etwa dem „Sturm über dem Wasser“ oder dem „Cambridgetal“, eine Stufe der künstlerischen Leistung erreicht wird, die schon weit über eine nur naive Äußerung hinausgeht. Hingegen ist in manchen Winterlandschaften ein Schwächerwerden bemerkbar, das vermutlich auf die Wünsche von Auftraggebern nach Wiederholung besonders geglückter Sujets zurückzuführen sein dürfte. „

„Polnische Plakate“ sind in der Zedlitzgasse zu sehen. Plakate von zweierlei Art: soldie, die für Filme und kulturelle Veranstaltungen und solche, die für Jahrespläne oder mit politischen Parolen werben. Erstere sind fast durchwegs ausgezeichnet, einfallsreich und im besten Sinne des Wortes modern; sie brauchen sich vor französisdier Konkurrenz — von der sie manches gelernt haben — nicht zu verstecken, das hohe Niveau; das die polnische Gebrauchsgraphik vor dem zweiten Weltkrieg berühmt machte, hat sich in ihnen uneingeschränkt erhalten. Von einigen Ausnahmen abgesehen, fallen die politischen Plakate dagegen ziemlich ab — sie zeigen die bekannten Photomontagen nebst flatternden Fahnen, wie sie offensichtlich für die kommunistischen Affichen in aller Welt charakteristisch sind. Plakate von zweierlei Art: die einen enthalten höflich-artistische Aufforderungen, die andern durch keinerlei Kunst verhüllte Befehle. Wie man sieht, hat auch das Plakat seine geistige Entwicklung ... ,

Die Adalbert-Stifter-Gesellsdiaft veranstaltet zusammen mit der Nationalbibliothek in der Handschriftensammlung am Josefsplatz eine kleine, aber exquisite Stifter-Ausstellung; in ihr sind vorzugsweise Autographen, Erstausgaben und Manuskripte von der Hand des Dichters und Photographien zu sehen, die insbesondere den Anfang seines Schaffens gut ins Licht setzen. Gewähltes zeitgenössisches Bildmaterial und einige der weniger bekannten eigenhändigen ölstudien Adalbert Stifters runden die mit Liebe zusammengetragene Ausstellung ab, deren Besuch sehr zu empfehlen ist.

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