Christliche Erneuerufis

Die Bücher des katholischen Priesters James Keller „Du kannst die Welt verwandeln" in deutscher Uebersetzung, 2. Auflage, Sebaldus Verlag, Nürnberg, „Einen Augenblick, bitte" und „Drei Minuten täglich" Pattloch Verlag, Aschaffenburg sind bereits viel besprochen worden und haben eine apostolische Bewegung ausgelöst: die „Christopherbewegung". Das Geheimnis James Kellers besteht darin, daß er es großartig versteht, die Möglichkeiten aufzuzeigen apostolisch zu wirken, daß er eine Vielheit von Einzelfällen erzählt, in denen ein gutes Wort, eine mutige Tat größte Wirkungen ausgelöst hat. Er hat also erkannt, daß es nicht so sehr auf das Reden, sondern vielmehr auf das Handeln ankommt, daß es notwendiger ist zu zeigen, wie man die Welt bessern kann, als zu zeigen, daß man die Welt bessern muß. Wir können den Erfolg dieser Bücher nur wärmstens begrüßen. Sie sind einem warmen und starken Herzen, einem lebendigen und mit Optimismus erfüllten Geiste entsprungen und daher auch imstande, Leben zu erwecken.

Eine Parallele zu James Keller auf protestantischer Seite bildet der Amerikaner E. Stanley Jones, der allerdings nicht an eine bestimmte christliche Konfession sich gebunden fühlt. Sein Buch „Wandle dich und du wandelst die Welt" stellt ein Betrachtungsbuch dar. Die Bibelstellen, die jeweils das Thema der Betrachtung bilden, werden aber nicht aus dem Zusammenhang des Textes, noch in ihrem wörtlichen Sinne, sondern nur in einem weiteren Sinne erklärt, wobei der Verfasser immer sein Anliegen: „Wandle dich selbst" im Auge. hat. Er will zeigen, wie der Mensch sich innerlich läutern und wandeln muß. Obwohl er sich dabei sehr stark von den Gedanken der Psychoanalyse leiten läßt, betont er trotzdem in richtiger Weise, daß nur die Liebe und nicht bloß die Feststellung des Tatbestandes, die Erkenntnis, zur Läuterung führt. Trotzdem bleibt der Autor zu sehr im Psychologischen stecken. Man kann also diese Betrachtungen, obwohl sie an Bibelstellen anknüpfen, nicht im eigentlichen Sinne religiöse Betrachtungen nennen, sondern eher psychologische Reflexionen, die von einem hohen sittlichen Ethos getragen sind.

Wiewohl diese Werke der Selbsterziehung — unter diesem Begriff .können sie am besten verstanden werden — viel Gutes wirken werden, so dürfen sie doch nicht einfachhin als Typ einer modernen religiösen Erziehung betrachtet werden. Dies würde eine bedenkliche Vereinseitigung derselben mit sich bringen Denn religiöse Erziehung ist wesentlich auch V issensvermittlung und nicht b’ iß Anl-itung :um praktischen Tun.kampf gedeihen werden, so gründet diese Erwartung weniger auf den Liberalen, denn darauf, daß bei den Sozialisten nicht mehr die kämpferischen Kirchengegner, wie der greise Huysmans oder auch Buset und Larock, den Kurs bestimmen, sondern besonnene und abgeklärte Männer wie Van Acker, dessen Familie als positiv katholisch gilt, wie Spaak, der, persönlich ungläubig, oft genug seine Achtung vor der Kirche bezeigt hat oder wie Vermeylen, der elegante „Kronprinz“ der Partei. Gerade deshalb aber, weil das verknüpfende Band des Antiklerikalismus recht dünn ist, vermögen wir der liberal-sozialistischen Koalition keine lange Dauer, mindestens aber keine ungetrübte Zukunft zu prophezeien. Die Wirtschaftsgegensätze werden sich bald melden und die Zusammenarbeit der Koalitionspartner auf harte Proben stellen.