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Die blaue Blume

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Gelsomina — Cabiria — „Fortunella” : drei Variationen zum Thema, drei Masken Giuletta Masinas. lieber proletarischem Elend und weiblichem Jammer erblüht die blaue Blume, nicht die leuchtende, azurne der deutschen Romantik, sondern die makabre, armeleutduftende des konsequentesten Neoverismo: der Traum, Besseres, mehr zu sein als man ist, vielleicht gar Prinzessin (in der Sprache des Neoverismo heißt das: Fehltritt eines Prinzen); in der Seitengasse geht Fortunellas Freund, der gutmütige Professor, den entgegengesetzten Weg zum gleichen Ziel: er versäuft, verlumpt den Adel der Herkunft um des Phantoms der Freiheit willen. Schade, daß Fellini nur am Drehbuch der „Fortunella” mitgetan und die Regie dem Neapolitaner Volkskünstler Filippo überlassen hat; es gerät so etwas Fremdes in die Entwicklungslinie der Masina. Sichtlich haftet dem Film auch zu viel graues Elend an, es fehlt der herzhafte, herzerhebende, metaphysische Aufblick und Ausblick Fellinis. Trotzdem: ein gewichtiger Film von künstlerischem Ernst und Gesicht.

Sagt nicht, daß die blaue Blume nur im Abendland blüht! In Culver City blüht sie in Cihemascope: „Das Land des Regenbaums.” Man sucht dort das Glück in Gestalt des sagenhaften Regenbaums und findet auch dort nur — das Leben. Der Film, so etwas wie Per Gynt, made in Hollywood, ist wohl etwas breit geraten und verstopft, hat aber doch seine lyrisch-epischen Schönheiten und großen Rollen (Elizabeth Taylor, Montgomery Clift, Eva Marie Saint); an seine große Schwester „Vom Winde verweht” reicht der Film nur stellenweise heran. Dieses war der dritte Streich, der dritte Ufa-Film „Solange das Herz schlag t”, die blaue Blume des Durchschnittsbürgers, der im Angesicht des Todes Tand und Werte des Lebens unterscheiden lernt. Der bisher beste, bestgespielte (O. E. Hasse, Heidemarie Hatheyer) Ufa-Film.

Ins Studio I geht der schöne Film aus dem russischen Alltag „Das Haus, in dem ich ohne” (siehe die Kritik in Nr. 3 der „Furche”).

Ein Unglück auf allen Linien stellt der österreichische Film „Der Priester und v das Mädchen” dar. Die Filmgeschichte kennt tausend Fälle, wo ein guter Regisseur ein schwaches Buch rettet. Wie aber hier eine schmierige Fabel die Potenz des Regisseurs Ucicky überspielt, dürfte einmalig sein. Im Sog der Katastrophe gehen ein halbes Dutzend Darsteller von Rang und Namen sang- und klanglos unter.

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich) Nr. 6 vom 7. Februar: III: (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Einer stand allein”, „Das Haus, in dem ich wohne” ) — IV (Für Erwachsene): „Das Land des Regenbaumes”, „Die Rache des Seminolen”, „Solange das Herz schlägt” — IVa (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Männer über vierzig” — V (Abzuraten): „Gottes kleiner Acker”, „Der Priester und das Mädchen”. ( = bemerkenswerte Filme).

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