6644683-1958_16_15.jpg
Digital In Arbeit

Permanente Festspiele

Werbung
Werbung
Werbung

Ehrgeizige „französische Festspiele“ feiert wieder einmal das Wiener Burg-Kino, das langsam zur ernsthaften Konkurrenz des „Studio I“, zum eigentlichen Wiener Art-Kino,' aufrückt — ohne offiziöses Hinterland, eine Frucht reiner, reger Privatinitiative. Diesmal gibt es ein richtiges Triptychon, flankiert von Gremillons und Pierre Kasts „Les Charmes de l'Existenc e“, einer ironischen (in der Verdeutschung leider verkümmerten) kleinen Kulturgeschichte der Pariser Makarts, die neben Alain Resnais' Filmen zu den besten Kunstdokumenten Film-Frankreichs zählt, und einer hübschen, nur etwas selbstgefälligen Autobiographie der großen Komödiantin „C o 1 e 11 e“. Im Zentrum entfaltet Renoirs Novellenfragment nach Maupassant, „U n e Partie de Campagne“, das sein Schöpfer 1939 begonnen, dann über der Arbeit an „La Marseillaise“ stehengelassen und schließlich 1946 notdürftig fertiggeschnitten hat, allen Zauber impressionistischer Kleinmalerei. Die bittere Idylle hat trotz allen Handlungslücken (praktisch fehlt das ganze zweite Drittel, aus dem Figurenquartett auch die Coda des einen Paares) noch heute einen eigentümlichen Reiz.

Ein plumper deutscher Locktitel, „M a r y - L o u und ihre Herren“, verhüllt den sozialkritischen Witz des amüsanten Carlo-Rim-Films „L' E s c a 1 i e r de Service“ (besser: „Die Domestikentreppe“), ein Dienstmädchentagebuch in fünf Episoden, das aus der Froschperspektive die jämmerliche Menschlichkeit der „Herrschaft“ bloßlegt. Echtes tragisches Sentiment spiegelt die Episode im Hause des Scharfrichters, eine zum Brüllen komische Demas-kierung des Talmiglanzes der Filmstars bildet den Abschluß. Etchika Choureau erfüllt die Hauptrolle einer süßen kleinen Alltagsphilosophin mit pariserisch delikatem Charme.

Auch ein Triptychon: dem „Hallo, Dienstmann!“ und „Ober, zahlen“ folgt der Wiener Film „Hallo, Taxi!“ Theodor Ottawas Buch deutet hinter dem Fiaker-Taxi-Streit einen ernsteren, größeren Zeit-und Generationenkonflikt an, zieht den Hauptfaden straff, verzettelt sich aber in den unoriginellen Nebenhandlungen. Hermann Kugelstadts Regie ist sauber, unauffällig und frei von falscher Wiener Seligkeit. Hans Mosers und Paul Hörbigers klassische Wiener Volkskunst bricht da und dort übermächtig durch. Weiß der Wiener Film eigentlich, daß er in ihnen seine Raimund und Nestroy, seine Girardi und Tyrolt hat? — Beachtenswerte Nachwuchstalentproben legen Gerlinde Locker und Walter Korth ab. Eine Chance in besseren Rollen müßte man auch Jürg Holl und Brigitte Antonius geben, der letzteren mehr en face als en buste.

Irene Dünne und Charles Boyer („Spitzentuch der Königin“!) ein Remake nachzuspielen, zeugt von Selbstbewußtsein. Deborah Kerr und Cary Grant gelingt es in „Die große Liebe meines Lebens“ („An Affaire to Remember“). Die Inszenierung gab ihnen einen berückenden, farbigen Rahmen, die Dialogregie gepflegte, warm leuchtende Stichworte. Ein beinahe klassischer Liebesfilm.

Film schau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr; 15, vom 12. April 1958: II (Für alle zulässig): „Ferien auf Immenhof“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Hallo, Taxi.'“, „In geheimer Mission“, „Mein Mann Gottfried“, „Saragossa-Roland, ein Ritter der Franken“, „Stern des Gesetzes“ — IV (Für Erwachsene): „Höllenhunde des Pazifik“, „Kesselschlacht“, „Marie Antoinette“, „Die Nacht kennt keine Schatten“, „Vulkan im Blut“ - IVb (Für Er-, wachsene mit ernstem Vorbehalt): „Man ist nur zweimal jung“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung