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Jugendfrei- in der Urania

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Max Ophüls' anderer Reigen: Madame de ..

„Wenn immer ein Projekt sich um ein Schlafzimmer dreht, und im Schlafzimmer um ein Bett, kam es mit Sicherheit auf mich zu“, soll Regisseur Max Ophüls, der Schäker, laut einer Pressenotiz jüngst von sich gegeben haben. Husch, husch, kam auch mit Sicherheit Louise de Vilmorins Erzählung auf ihn zu und wurde ein Film: „Madame de...“. Hauptdarsteller ist zwar ein Schmuckstück, dieses aber wandert doch eben, von einem seriösen Juwelier mit jeweiligem Diskretionszuschlag aufgewertet, von Schlafzimmer zu Schlafzimmer, als Hochzeitsgabe, als Mätressenabfindung, als Abschiedsgeschenk des Ehebrechers und, zu guter Letzt, da wir ja in den französisch-italienischen Ateliers so bigott sind, als herzeingefaßte Devotion auf den Altar der Madonna. Denn der Geliebte fällt im Duell, Madame de ... stirbt am Echo des Knalls, General de ... aber geht nicht, er schreitet mit rauchender Pistole über ihr geborstenes Herz hinweg. Vöilä. Dazu „erklingt“, wie obige Pressemeldung weiterhin meldet, „das letzte Walzerlied aus der Feder des unvergessenen Oscar Straus“. La Ronde rrtacabre.

Spaßig, nicht?

Weniger spaßig -die Liaison zwischen Schlafzimmer und Gotteshaus, die dreimalige Beschwörung der Madonna, wphl die schmierigsten Szenen des Films; nur ein Hirn, das alles Christliche zutiefst haßt und verachtet, konnte sie ersinnen.

Ganz und gar nicht spaßig: Der Film läuft im Volksbildungshaus der Wiener Urania und für Wien jugendfrei. Weil wir halt soviel Herz für die Jugend haben und so sozial sind, daß wir die SW-Schlaf-zimmer, und im Schlafzimmer die Betten, gleich auf die Zehnjährigen zukommen lassen. Mit Sicherheit. *

Mit hartem, aber begründetem Realismus führt der französisch-mexikanische Film „Die Hochmüti-g e n“ zwei in Sartresche Einsamkeit und Verlorenheit gestoßene Menschen aus Not und Tod einer Hafenstadt in ein neues Leben. Höchste französische Meisterschaft in Spielführung (Yves Allegret) und Darstellung (Michele Morgan, Gerard Philipp), Bild und Musik. Ein ungewöhnlicher, erregender Film. Was man vom dritten französischen Film dieser Woche, „R e b el 1 e n h o c h z e i t“, einer banalen Liebesgeschichte zwischen Komtesse und Revolutions-generäl, wahrhaftig nicht sagen kann.

Dagegen schlägt ein Amerikaner, der Film mit dem völlig irreführenden Titel „Kehr zurück, kleine Shelba“, wie eine Peitsche in die Konfektion der Filmthemen und Rollentypen. Wie in „Die Hochmütigen“ ist ein Trinker und Arzt der Motor, der Handlung, diesmal aber ist der „Held“ nicht selbst der Hauptdarsteller, sondern die großartige Shirley Booth, in deren verzweifelt kleinbürgerlichen Kampf die An- und Rückfälle des Gatten immer wieder ihre grausigen Reflexe werfen. Seit dem „Verlorenen Wochenende“ der großartigste Trinkerproblemfilm, in der Geschichte des Films aber ein prachtvoller Außenseiter der kleinen Welt, in der sich die gröoten Tragödien abspielen. Der empfehlenswerteste Film der Woche.

In eine banale Kriminalstory und abstoßende Raufszenen komponiert der zweite* Amerikaner der Woche, „Hölle unter Null“, prachtvolle Aufnahmen vom Walfang im Eismeer — in der „Südantarktis“, meint der bebildert-illustrierte Vienna-Wiener Kinofilmkuriermelder. Der Film ist sehenswert.

Deutsche Unterhaltung bietet: „Der Zart-witsch“, ein einlullender Farbenzauber, gesanglich befriedigend, musikalisch kaum bis nicht genügend. Der Blaustich der Farben ist stellenweise unerträglich.

Isä und Jutta Günther, allmählich für die Aufrichtung zerstörter Elternehen spezialisiert, listen auch dem nicht ergiebigen Drehbuch des deutsch-, österreichischen Films „Du bist die Richtige“ einige scharmante Varianten ab. Curd Jürgens spielt den graumelierten Ehebrecher mehr, den reumütigen Heimkehrer weniger überzeugend ...

Ernsthafterer Kritik entziehen sich „D i e Schreckens nacht von Yuma“ und „D a s Schwert der Rache“. Schließlich berichtet man auch nicht über neue Krawattenmuster.

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 4, vom 29. Jänner 195 5 : 1 (Zu empfehlen für alle): „Das große Abenteuer“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Die schöne Müllerin“ — IV (Für Erwachsene): „Rebellenhochzeit“, „Das Schwert der Rache“ — IVb (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Die Schreckensnacht von Yuma“.

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