6652987-1959_12_15.jpg
Digital In Arbeit

Fast Österliches

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn man dem fleißig erarbeiteten, natürlich nicht fehlerfreien „Literaturkalender” in Knaurs „Buch vom Film” folgen will, so hat der Film bisher 70mal auf Stoffvorlagen von Tolstoj gegriffen. Im Vordertreffen sind „Anna Karenina” (10), „Der lebende Leichnam” (10) und Kreutzersonate” (9) gelandet. Die Spitze aber hält unangefochten „Auferstehung” mit 22 Verfilmungen, darunter allein acht japanischen f?) und sieben amerikanischen. Nach der gleichen Quelle feiern wir heuer sogar ein Jubiläum: vor 50 Jahren, 1909. wagten sich die ersten zwei Regisseure an die „Auferstehung”, und nicht die schlechtesten: Andrė Calmettes in Frankreich und David W. Griffith in den USA. Seither haben sich stärkste künstlerische Potenzen der Regie und Darstellung daran gemessen.

In dieser glänzenden Reihe wird Rolf Hansens deutsch-französisch-italienische Gemeinschaftsarbeit, „Auferstehung”, einen nicht unehrenvollen mittleren Rang einnehmen. Der letzten Vollendung stehen entgegen: die unentschiedene Buchfassung (Renato Ca- stellani, „Bearbeitung”: Juliane Kay), das Unorganische der nationalen Potenzen, des Regisseurs Hang zu effektvoller Routine und nicht zuletzt die handgreifliche Ueberforderung des blutjungen, hochbegabten Horst Buchholz in der Rolle des Fürsten Nech- ljudoff, Tolstojs getreuen Spiegelbildes, die über eine Vorzugsschülerleistung nicht hinaus gedeihen konnte (seine Partnerin Myriam Bru schlägt nach der anderen Seite aus: zu „reif”). So bleibt uns der Film bei schönen Einzelheiten doch das Wesentliche schuldig: das Russische, das Oesterliche und das Menschliche. Wenn die Leute im Film die berühmte Grußformel hersagen: Christ ist erstanden, meint man anfügen zu müssen: Ist Er (euch) auch wirklich erstanden?

Eine deutsche Nachkriegsfilntuntugend beginnt sich abzuschwächen: ‘ die Steifheit, die Verkrampftheit, das Gewicht. Zwar ist vorläufig das Morgenrot an ganze drei Schöpfer geknüpft (Käutner, Thiele, Hoffmann), aber ihre Leistungen zählen dreifach. Neuerdings präsentiert Kurt Hoffmann „Der Engel, der seine Harfe versetzte”, ein blondes Märchen von einem blonden Geschöpf,; das Gutes, tun muß, ohne es zu wollen, in sehr spritzigem, intellektuellem Stil, nicht eben, makellos und, auch. nicht gerade mit faustdicker Moral beladen, aber im ganzen doch recht duftig und luftig.

Alles andere Deutsche in dieser Woche, auch Axel v. Ambessers Komödie mit Bombenbesetzung „Frau im besten Mannesalte r”, der „Sanger von Capri” mit Mario Lanza und ein Karl-May- Versuch Georg Marischkas, „Die Sklaven- karawan e”, gedeihen nicht über den Durchschnitt, Ein Komödiant par excellence, Vittorio Gaßmann, verfilmte das Schicksal seines Kollegen Kean: „Genie und Wahnsinn”: trotz literarischer Zwischenschaltstufen (Dumas der AeJfere und Sartre) kam der Film nicht auf Touren. Kurt Steinwendner versuchte einen österreichischen Jugendfilm: „A u f allen Straßen”. Ja also, das ist gar nicht so leicht: mit reifstem Handwerk kindlich zu wirken. Steinwendner kann viel, nur eines nicht: ein schlechtes Drehbuch ablehnen.

Filmschau (Gutachten (der Katholischen Filmkommission für Oesterreich) Nr. 11 vom 14. März: III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Der Engel, der seine Harfe versetzte”, „Flammen über Maracaibo”, „Der Sänger von Capri” — IV (Für Erwachsene): „Eiskalt in Alexandrien” , „Fahrkarte ins Jenseits”, „Rommel ruft Kairo” — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Frau im besten Mannesalter”, „Genie und Wahnsinn”, „Der Gorilla läßt schön grüßen”, „Oklahoma” — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Ein Frauenleben”. — ( Bemerkenswerter Film.)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung