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Olympiade

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Es ist noch nicht in vollem Umfange untersucht worden, wieweit die politische Emigration unserer Filmkünstler, ihre Entwurzelung in der Heimat und ihre nur zögernde Einwurzehing in neuen Ländern, den empfindlichen Organismus des Films ins Mark getroffen hat. Feststeht, daß die Verpflanzung künstlerischer Potenzen Grenzen hat, nur selten zur Entfaltung beiträgt und weit häufiger sterilisierend wirkt.

Man kann sich die Instinktlosigkeit, mit der Michael Curtis-Kertesz das nationale Gemisch in der Verfilmung von Molnärs „Olympia“ hat schlittern lassen, nicht anders erklären, als daß er in der Fremde alles „Österreichisch-Ungarische“, das dem Stoff dieses Lustspiels anhaftet, verlernt hat. Zugegeben: Die „Olympia“ ist schwerer als „Liliom“ und „Die Jungen der Paulsstraße“ zu verfilmen. Sie ist weniger Dichtung, als vielmehr ein frecher, amüsanter, sozialkritischer Bonmot auf die feudale Hierarchie derjltgn Monarchie. Das muß also, mit Fingerspit2 genommen richtig benahezu keine Spur zu finden. Die internationale Besetzung — Sophia Loren, Maurice Chevalier und John Gavin — rackert sich, gleich wie die Kamera und Musik, um dieses Wienerische ab, daß der Schweiß in Strömen rinnt — gerade das aber ist unwienerisch bis in die Knochen. Buch und Regie machen dem amerikanischen Brotgeber zuliebe Fleißaufgaben und blödeln über die höfische Lebensart des alten Österreich; das klingt, als ob ein Gummi kauendes Orchester die „Eroika“ spielte. Da und dort hat man das Gefühl, daß der Regisseur nur sein Ressentiment, die ungarische Haßliebe zu Österreich, inszenierte — mühsam verdeckt durch eine Hollywoodsche banale Konfektion, gegen die sich unsere heimischen filmischen Kaisersemmeln, -Schmarren und -walzer noch wie Kunstwerke ausnehmen. Der ganze Film ist ein Jammer, keine „Olympia“, sondern eine hemdärmelige Olympiade der Instinktlosigkeit und-des schlechten Geschmacks.

Nun wird's auch den Frauen fad: Die italienischen „Freundinnen“ stellen Unfaßliches an, um die Langeweile zu vertreiben. Filme wie diese kompromittieren die schwierige Debatte um Fellinis „Dolce vita“; sie sind indiskutabel.

„Das tödliche Netz“ ist ein Kriminalfilm des obenerwähnten Michael Curtis. Hier trifft er's besser. Der Stoff ist international, hier gibt's nichts Wienerisches und Molnärsches, kein Netz, in dem man sich verfangen könnte.

Aus dem Rückspiegel des Taxis das Alltagsleben zu betrachten, wäre eine herrliche Idee. Dem deutschen Film „Freddy und die Melodie der Nacht“ ist leider außer diesem Einfall nichts eingefallen.

In robuster Nacktheit geht auf Sage und Geschichte der italienisch-französische Film „Herkules und die Königin der Amazonen“ los. In solchem Freistilkampf ginge jede Kritik zu Boden. j

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich), Nr. 20, vom 14. Mai i960: IV (Für Erwachsene): „Eine Nummer zu groß“. IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Freddy und die Melodie der Nacht“, „Land ohne Männer“,

.Plötzlich im letzten Sommer“, „Der Sohn des roten Korsaren“, „Wenn das Blut kocht“. — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Prinzessin Olympia“. — V (Abzuraten)- „Freundinnen“, „Die nrnigen jungen Männer“.

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