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Filmsonntag 1962

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„Der gute Film braucht auch Dich!“ So lautet der Anruf, der am kommenden Sonntag alle Christen, die es noch sein wollen, hinweist auf die Aufgabe, die sie dem Massenmedium „Film“ gegenüber haben. Es ist zum drittenmal, daß wir den Filmsonntag feiern. Das erstemal im Jahre 1956; da lautete die Devise: „Der Film — Freude und Frevel.“ Damit sollte auf das Zweiseitige, das der Film in sich hat, hingewiesen werden. Gewiß, er kann und soll auch Freude bereiten, Unterhaltung, Ergötzung, Erbauung nach tage- und wochenlanger Pflichterfüllung, drückender Arbeitslast, der Sorge um das tägliche Brot. Aber er kann auch Frevel sein. Frevel, der der Unwahrheit dient, dem Schein, dem Begehren, der Leidenschaft. Die Katholiken sollten sich dessen bewußt sein und darnach ihre Stellung zum Film, ihren Kinobesuch einrichten, sollten nicht blindlings „ins Kino gehen“, Volk und Jugend.

Am zweiten Filmsonntag, im Jahre 1959, mahnte die Devise „Goff sieht auch, welchen Film Du wählst!“ den Christen, daß er, wie in allem Tun, so auch im Gebrauche dessen, was der Film bringt, unter dem wachenden Auge des Allwissenden steht. Das Gewissen sollte beim Christen, wie in allen Belangen, so auch der zeitgenössischen Filmwelt gegenüber, aufgeweckt, wachgemacht werden in einem Bereich, in dem es heute noch oft übergangen, übersehen wird.

Die Devise des diesjährigen Filmsonntags enthält ein Doppeltes: Einmal, um was es der katholischen Filmarbeit im Filmbereich überhaupt geht. Sie sagt nicht Nein zu diesem Metier, sie ist nicht gegen den Film, wie ihr unbelehrte, um nicht zu sagen böswillige, Menschen allzu leicht nachsagen. Sie ist trotz allem, was dagegen sprechen könnte, für den Film, für dieses wahre Wunderwerk menschlichen Geistes, menschlicher Erfindung, menschlicher Technik, diese neunte Seligkeit, wie sie ein jüngst erschienenes, nicht genug zu empfehlendes Buch genannt hat. Sie mutet dem Film und dem ganzen Filmwesen sogar eine bedeutende Aufgabe in der Kulturentwicklung zu. Er soll und kann das Schöne, das Wahre, das Echte, das Gute fördern. Er soll und kann geheimste Regungen im Menschen, im menschlichen Antlitz, in seinen Worten und Gesten bloßlegen, damit sich der Zuschauer daran orientiere und auch selbst dem Schönen, Wahren, Guten, Echten zustrebe in einem von diesen Werten durchleuchtet^ und durchlichteten Leben und Streben.

Der Film soll dies nicht nur, sondern kann es auch, wie schon so mancher Streifen im Laufe der mehr als 60 Jahre seiner Geschichte es dargetan hat. Aber es muß ein guter Film sein. Ein guter Film, das ist nicht nur der, der fromm tut, lieblich ist oder sein will, nirgends anstößt, allem Schlechten ausweicht. Das weiß auch die katholische Filmarbelt, weiß es aus eigener Erfahrung, weiß es durch die Weisung der höchsten kirchlichen Stelle, des Heiligen Stuhles selber. Der Film soll ja das Leben darstellen, nicht nur wie es sein könnte und sollte, sondern wie es wirklich ist und kann darum auch an den Schattenseiten dieses Lebens nicht vorbeigehen. Aber die Forderung, die der Christ stellen muß, wenn er einen Film für gut finden soll, ist, daß, wenn auch Unwahrhaftigkeit und Lüge, Leidenschaft und Haß, verkehrter Instinkt gezeigt werden, dies eben als Lüge geschieht und als Unwahrheit, als Haß und Leidenschaft, als Verkehrtheit und nicht als heldisch nachahmenswert dargestellt wird. Das Böse muß als Böses erkannt, das Unrecht als Unrecht überwunden werden, die Leidenschaft zum Guten, zu den echten Werten des Lebens hinorientiert werden. Wir wollen nicht leugnen, daß sich die zeitgenössische Filmproduktion dessen auch bewußt ist. Aber sie tut das oft in einer Weise, daß der einfache Mann des Volkes dies kaum merkt und die Jugend vor allem leichter an dem Verführerischen des Gezeigten hängenbleibt als an der Konsequenz, die daraus zu ziehen wäre, was man dem Zuschauer meist selbst überläßt.

Die diesjährige Devise des Filmsonntags meint eben noch ein Zweites. Gewiß kann man sagen: Der gute Film in diesem Sinn hängt vom Produzenten ab, von den Akteuren, von der angewandten Technik, vom Verleiher, der solche Filme in seine Verleihliste aufnimmt, vom Kinobesitzer, der solche Filme zur Aufführung übernimmt. Aber was nützt der beste Produzent, der gutwilligste Verleiher, der gewissenhafteste Kinobesitzer, wenn bei der Vorführung solcher Filme, die wir gut nennen können-, das Publikum, die Christen nicht mittun? Hier ruft der heurige Filmsonntag die Katholiken auf, diesen positiven Einsatz für den guten Film zu leisten, denn das Filmwesen ist immer noch auch eine wirtschaftliche Frage und kann nicht gedeihen, wenn es im Publikum das Echo nicht findet, das notwendig ist, um auch die wirtschaftliche Seite des Unternehmens positiv zu gestalten. „Der gute Film braucht auch Dich!“ Das heißt, wenn durch die Katholische Filmkommission, Filmgilde, „Filmschau“ und andere Veröffentlichungen ein Film als gut in dem oben gezeichneten Sinn charakterisiert wird, müßte sich der Katholik auch dazu bereit finden, nicht nur zur Festwoche des religiösen Films zu kommen, die alle zwei Jahre die besten Erzeugnisse auf dem religiösen Filmmarkt zeigt, sondern auch zwischendurch die Kinos besuchen, die gute Filme bringen. Was schon oft gesagt wurde, muß hier wiederholt werden, daß die gelöste Eintrittskarte zu einem solchen Film auch schon ein Bekenntnis zum guten Film ist und eine Absage an das Böse, wie es auch ohne große Demonstrationen gezeigt werden kann.

In diesem Sinn wird am kommenden Sonntag von allen Kanzeln Österreichs der Ruf „Der gute Film braucht auch Dich!“ gesprochen werden. Vielerorts werden an diesem Tag auch in den Kinos solche gute Filme vorgeführt werden. Es wäre zu hoffen, daß es der gemeinsamen Bemühung gelingt, die Katholiken unserer Tage zu einer nicht schwer zu erfüllenden, auch missionarischen Aufgabe zu bringen durch den Vorsatz, auch den Besuch des guten Films einzubauen in die Bemühung, das Gute in der Welt zu stärken, dem Reiche Gottes zu dienen. Es ist so: „Der gute Film braucht auch Dicht“

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