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Friede auf Erden

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GEWALTLOSIGKEIT. Von R. P. Rėgamey OP Aus dem Franzosischen ubersetzt Dr Friedrich Kollmann. Wien 1966, Verlag

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GEWALTLOSIGKEIT. Von R. P. Rėgamey OP Aus dem Franzosischen ubersetzt Dr Friedrich Kollmann. Wien 1966, Verlag

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Das Ewige Wort ist Mensch geworden und in diese Welt eingetreten und hat so die sündige und verkehrte Welt angenommen. Gerade dadurch, daß Christus nicht von vornherein die Sünde und das Unrecht mit göttlicher Allmacht ausgetilgt, sondern sie vielmehr angenommen, ja geradezu sich ihrer Gewalt unterworfen hat bis zum Tod am Kreuz, hat Er die Sünde der Welt getilgt und damit im Menschen auch die Erkenntnis und das Wollen für die Überwindung des Bösen gestärkt.

Rėgamey, dessen erstes Werk „Wiederentdeckung des Fastens“, auch der Verlag Herold in deutscher Übersetzung heraus gebracht hat, schenkt uns im vorliegenden Buch ein zweites, wohl noch bedeutenderes Werk. Auch in diesem geht er wie im ersten von einem Grundgedanken Gandhis aus. Der Titel des Buches gehört zum Grundanliegen der Lehre Gandhis: Gewaltlosigkeit. Wenn der Autor auch im Schlußkapitel wiederum auf Gandhi zurückkommt, so stellt er doch im wesentlichen die Lehre des Evangeliums dar. Es ist gair kein Zweifel, daß Gandhi den Geist des Evangeliums in diesem Punkt wirklich gelebt hat. Wenn auch die Frage nach der völligen Gewaltlosigkeit im öffentlichen Leben damit nicht schon eindeutig gelöst ist —, besteht nicht ąuch eine Pflicht des Staates, das Recht seiner Bürger gegen ungerechte Angriffe zu verteidigen? Wie weit ist das Prinzip der Gewaltlosigkeit auch auf die staatliche Gewalt anzuwenden? Muß nicht manches Recht durch richterlichen Spruch durohgesetzt werden? Diese Fälle sind sicherlich nicht gegen den Geist der christlichen Sanftmut, sofern eime sachliche Lösung von Rechtsfragen angestrebt wird. Dieses Problem scheint uns der Autor nicht völlig gelöst zu haben. Aber davon abgesehen, sind seine Ausführungen von einer zwingenden Logik, die sich ganz auf das Evangelium stützt.

Wenn man bedenkt, daß alles Unrecht, auch das größte öffentliche Unrecht, letztlich vom Herzen des einzelnen seinen Ausgang nimmt, und wenn man die Definition, dje der hl. Thomas vom Frieden gibt:. Pax est tranquillitas ordinis — Der Friede ist die Ruhe der Ordnung, dann wird es leicht begreiflich, daß

OP Aus dem Französischen übersetzt von Herold. 260 Seiten, S 152.—.

jede Unordnung des Herzens in die Umwelt störend eingreift und Unruhe stiftet. Haß gebiert Haß, Gewalt gebiert Gewalt, Unrecht gebiert Unrecht. Die logische Folgerung daraus ist, daß Gewalt kein Mittel ist, um die gestörte Ordnung wiederherzustellen. Von da aus gewinnen nun die Worte: „Selig die Sanftmütigen“, erst ihre volle Bedeutung. Alles andere aber ist alttestamentarisch: Aug um Aug, Zahn um Zahn.

Im ersten Kapitel behandelt Rėgamey das Wesen der Gewalt und zeigt auf, welche Wurzeln die Gewalt im Herzen des Menschen hat. Die Psychoanalyse hat die eigentlichen Wurzeln aller Gewalthandlungen im emotionalen Bereich der Seele bloßgelegt. Wenn sich das Sinnen und Trachten des Menschen der Gewalt zuwendet, weckt es diese emotionalen Kräfte und erliegt schließlich und endlich ihrer unheimlichen Gewalt. Gerade da kann man die Gefährdung des Menschen durch die Gewalt im vollen Umfang erschließen. Diese Gefährdung der von der Erbsünde verwundeten Natur kann nur im christlichen Denken überwunden werden: am Beispiel und in der Mahnung

Christi: „Selig die Sanftmütigen“.

In der Weihnachtsbotsohaft künden die Engel: „Friede den Menschen auf Erden“. Aber wo ist dieser Friede? Gibt es einen wirklichen Frieden? Ist die Welt nicht voller Gewalt und Grausamkeit? Und versucht der Mensdh nicht immer von neuem, Gewalt, Unrecht und Grausamkeit durch neue Gewalt und neues Unrecht zu überwinden? Er stiftet damit nicht den Frieden, sondern er mehrt das Unrecht. In dieser Zeit voller Gewalt und Haß ist es alles weniger als selbstverständlich, von Gewaltlosigkeit, Sanftmut zu reden, und doch, was ist wichtiger, als diese Frage zu untersuchen, die ja letztlich und endlich die Frage nach dem wahren Frieden ist. Wir müssen das ganze Evangelium befragen und die Worte des Herrn nach ihrem ganzen Gewicht wägen, um zu verstehen, was es um die Sanfmut Christi ist. Selbst Pius XII. hat erklärt: „Wenn jemals eine Generation im tiefen Grunde ihres Gewissens den Schrei hören könnte: .Krieg dem Kriege1, dann war es gewiß jene, die jetzt lebt. Die Theorie, daß der Krieg ein Mittel sei, um internationale Konflikte zu lösen, ist nun überholt.“

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