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Hausgenossen des Vaters

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Wir bitten Dich, o Herr: behüte Deine Familie immerdar mit Deiner väterlichen Liebe, damit sie unter Deinem Schutze von allen Widerwärtigkeiten frei bleibe und in guten Werken Dir ergeben sei.

(KircUatgebet vom 22. SoHMfflg nach Pfingsten)

Mehr und mehr ist jetzt, in den Gebeten der Spötherbslzeit, von der „Familie” Gottes, von der „kleinen Herde” die Rede. Es scheint, als ob sich unsere Frömmigkeit zusammenliehe, von der universalen Weite der großen Menschheitsanliegen in den Faslenwochen und an den österlichen Sonntagen zu einer fast defensiv zu verstehenden Enge, die sich auf die eigene „geschlossene” Gemeinschaft beschränkt. Man kann dies freilich auch im Lichte der Parusiestimmung verstehen, die jetzt in steigendem Mab oos Kirchenjahr beherrscht. Wir wissen aus der deutlichen Sprache der Offenbarung, dab die Endzeit im Zeichen der Verfolgung und des Abfalls der vielen stehen wird. Die Gemeinde in der Bedrängnis, zusammengedrängt auf den engsten Raum, wird zum Signum der Kirche werden. Niemand kann uns, die wir ja nur in den zeitlichen Begrenzungen unseres jeweiligen Generationshorizonts Vorstellungen zu entwickeln vermögen, übelnehmen, wenn wir dabei an die unmittelbare Gegenwart, an die Kirchen in den groben Verfolgungsgebieten von heute denken, die in des Wortes Ursinn zu „Familien” geworden sind, für die es keine Schirmvögte und Heiligen Reichsmauern mehr gibt noch jemals wieder geben wird.

Aber die Gebete der Kirche sind tiefer und weiter, als dab man sie nur auf einen beschränkten Zeitrahmen festlegen könnte. Familie Gottes, das ist nicht nur die Gemeinde in der Verfolgung oder in der allgemeinen Drangsal der Endzeit in ihrer wahrnehmbaren Bedrängnis. Familie im uralten, heute noch für die Umgebung des Papstes gebrauchten Wortsinn ist eine sichtbare Liebes- und Hausgemeinschaft, die über die Blutsbande und Sippenverbindung hinausgeht. Familie als Gemeinschaft derer, die ihren groben Vater nicht als Stammesgott und Totem beanspruchen, sondern die Ihn „über Sternen’ w,ohnen haben, ist zu allen Zeiten das in diese Welt gesetzte Gesellschaftszeichen des Christen. Familie als abgeschlossene Sippen- und Clangruppe: ja, das wäre die Enge, die in Widerspruch zur Universalität christlichen Befens stünde und die mit keinem noch so bedrohenden „Zeitgeist” zu erklären oder gar zu entschuldigen wäre. Aber Familie, die sich aus der in diesem Gebet arsgerufenen Vaterliebe tu jenem Gott herleitet, der die Sonne aufgehen läfjt über Gut und Böse, das bedeutet ein Gegenbild: Gewib ist auch hier von einer Gemeinschaft die Rede, wie ja Christentum immer und für alle Zeiten sich unterscheiden wird von aller privaten Jogapraxis und Selbstbeschau. Aber diese Gemeinschaft ist nach oben und auf ihren Stifteranfang zu offen: Sie mub es daher auch nach allen Seiten hin sein. Familie im christlichen Sinne bedeutet Zeichen sein für eine ganze Welt, bedeutet Strahlungszentrum und lebendige Botschaft des geheimnisvollen Gottes, der in Sich ein Dreifaches Miteinander ist. Nur um dieser Zeichenfunktion willen haben wir das Recht, um “unsere Bewahrung, um unseren besonderen Schutz zu bitten.

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