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IM STREIFLICHT

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■pvIE Regierungserklärung — in der vergan-gangenen Woche von Zeitungen und Rundfunk höchst publik gemacht — verspricht einerseits, daß die Steuerschraube um eine Windung zurückgedreht werden soll, anderseits vermehrte Anstrengungen zur Kulturförderung. Es scheint also der Augenblick gekommen zu sein, in dem abermals das Verlangen nach einer liberaleren Behandlung von privaten Kunstkäufen und -Subventionen zu erheben ist. Man gewähre Steuerermäßigungen oder, noch besser, Steuerfreiheit für Summen, die von Privaten, aber auch Organisationen, Firmen usw. für Ankäufe von Kunstwerken oder zur künsteiischen Ausgestaltung von Geschäften oder Fabriken ausgegeben werden. Abermals würden weniger Künstler hungern — und das Budget deshalb nicht aus den Angeln brechen...

■CIN Atelier taugt im Grunde nicht als Woh-nung: unter dem Dach liegend, eigentlich nur ein Bodenabteil, ist es im Sommer zumeist ebenso unerträglich wie im Winter. Aber was hilft's? Der Maler und der Zeichner brauchen es, weil ihre Arbeit das Nordlicht braucht, das durch die großen Fenster hell und gleichmäßig einfällt. Nur freilich, sie bekommen es nicht: viele Ateliers sind im Krieg zertrümmert, viele andere im Zeichen der drückenden Wohnraumnot von Menschen besiedelt worden, die andernfalls gewiß nicht in den fünften oder sechsten Stock hinaufzögen. Und deshalb könnte sich die Gemeinde Wien, die für die bildenden Künstler im allgemeinen ein recht aufgeschlossenes Herz hat, verdient machen, wenn sie in ihren neuen Häusern ein wenig öfter als bisher für auch noch so kleine Ateliers sorgte. Das müßte aus den zwei Prozenten, die jeweils für künstlerische Belange von den Kosten öffentlicher Bauten abgezweigt werden sollten, vielleicht doch noch herauszuholen sein. (Namen atelierloser Maler geben wir auf Anfrage gerne bekannt.)

QOLCHES stand in dem Aufsatz zu lesen, den ein maßgebender sozialistischer Kunstkritiker in der Zeitschrift „Die Schau“ veröffentlicht hat: „Soll das anders und besser werden (nämlich die Notlage unserer Künstler, Anm. d. Red.), müssen sich schon die verantwortlichen Männer der öffentlichen Hand mit den berufenen Vertretern der Organisationen und Verbände der kulturellen Berufe zusammensetzen, um sich in eingehenden Beratungen selbst ein lebendiges Bild vom Notwendigen und vom Ueberflüssigen zu machen, das dann als Grundlage der letzten Entscheidung dienen kann. Nur in solchen gemeinsamen Bemühungen kann der Weg zu einem wirklichen Kulturbudget gefunden werden.“ Eben nicht. Erstens ist niemand weniger berufen, über die Leistungen seiner Kollegen zu urteilen, als der Künstler (wir sind allzumal nur Menschen und die Künstler sind es erst recht). Zweitens ist es ein wenig naiv, zu vermeinen, daß die Kunst nur dort blühe, wo Organisationen, sei es ihren grünen, sei es ihren Stammtisch haben; im Gegenteil, sie blüht sehr oft gerade außerhalb der Verbandsheime. Und drittens wäre es nicht nur einfach falsch, nein, es wäre verhängnisvoll, Vereinspräsidenten entscheiden zu lassen, was zu tun oder welcher Künstler — beispielsweise — der Förderung wert und bedürftig sei — das hieße, den Apparat, das Sonderinteresse und den Proporz zum Ausgangspunkt öffentlicher Kunst-pflege zu machen (und Menschen sind wir allzumal und Kunstvereinsmitglieder sind es schon gar). Nein, nein. Die Männer der öffentlichen Hand mögen — öfter als bisher, wenn wir bitten dürfen — die Sachverständigen und nicht die Kunstvereine zu Hilfe rufen, wenn sie über Angelegenheiten der Kunstfürsorge beraten. Die sind zu hören, nicht der Herr Kollege und nicht der Apparat...

P INE interessante Nachricht kommt aus West--*-' deutschend. Im Auftrage des Senators für Volksbildung, Berlin, entsteht zur Zeit ein Finanzierungsplan für niveaulich befriedigende Jugendfilme. Bei vorläufiger Einschaltung der Organisation der Landesbildstellen soll es möglich sein, jährlich vier hervorragende Jugendfilme über eine Art „J u g e n d - F i 1 m k o n t o r“ zu finanzieren. Wenn die Kapazität der von den Landesbildstellen gepflogenen „Jugendfilmstunden“ nur zu 25% ausgenutzt würde, dürfte der Rücklauf der investierten Gelder innerhalb von zwei Jahren erfolgen. Die entstehenden Gewinne sollen erneut in die 'Jugendfilmproduktion fließen, da diese Jugendfilmarbeit grundsätzlich auf gemeinnütziger Basis erfolgen soll. Als Jugendvorstellungskapazität ist die Ziffer von 9.33 Millionen Schülern (Bundesgebiet und Westberlin) zugrunde gelegt. Wenn nur 0.10 DM jeder Schülerkarte in die Produktion zurückfließt, wäre eine Jahresproduktion von vier Jugendfilmen möglich, von denen jeder zunächst 125.000 DM kosten dürfte. Die Vertriebsunkosten für diese Jugendfilme sind auf 159.000 DM jährlich vorkalkuliert. Der jährliche Gewinn wird nach dieser Kalkulation auf etwa 270.000 DM geschätzt. Die Initiatoren des „Jugend-Filmkontor“-Planes legen Wert auf die Feststellung, daß die staatliche Hilfestellung für das Unternehmen nur solange anhalten soll, bis die unabhängige Jugendfilmproduktion ihre freiwirtschaftliche Existenzfähigkeit erweist. Zu diesem Zeitpunkt soll eine volle Privatisierung des „Jugend-Filmkontors“ stattfinden. — Das ist ein guter Plan, der Kopf und Fuß hat. Man müßte ihn auch bei uns studieren; allenfalls in der Richtung der Kooperation oder des Austausches.

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