6630097-1956_32_13.jpg
Digital In Arbeit

Von dämonischer und sanfterer Leinwand

Werbung
Werbung
Werbung

„Um die Filmgeschichte eines Volkes in ihren großen Zügen aufzuzeigen, erscheint es mir angebracht, die Methoden der Stilkunde und Stilentwicklung, wie sie die Kunsthistoriker ausgebaut haben, anzuwenden.“

Mit diesen Worten charakterisiert die Autorin (Lotte H Eisner „Dämonische Leinwand“, der rfeuen Film-Verlagsgesellschaft Feldt, Wiesbaden-Biebrich. 173 Seiten) selbst am treffendsten Art und Weise, aber auch die Problematik dieses gescheiten und temperamentvollen Werkes über die Aetas aurea des deutschen Stummfilms. Denn sowenig es dem Film schadet, wenn einmal nicht Kom-merz oder Starkunde, sondern Kunstprinzipien als Maßstab an seine Entwicklung gelegt werden (besonders die hier behandelte Glanzzeit des deutschen Films 1919 bis 1926. weist greifbare Zusammenhänge mit Malerei, Plastik, Architektur und Bühne auf und erklimmt mit ihnen expressionistisch-impressionistische Gipfel), so sehr führt anderseits wieder diese Methode zu unfilmischen Ueberschätzungen und zugleich Ueberforderungen. Als ein Manko dieses vielleicht bedeutendsten Filmbuches in deutscher Sprache empfindet man die Ueberbetonung des Aesthetischen und, die völlige Vernachlässigung des Ethischen, Ge-sinnungsmäßigen, Weltanschaulichen. Das mag aus der weit links stehenden Persönlichkeit der Verfasserin zu erklären sein, drückt aber dem Werk letztlich den Stempel des Einseitigen und Unvollständigen auf.

Salopper und unwissenschaftlicher gibt sich Heinrich Fraenkels etwas selbstbewußt als „Die große Chronik“ bezeichneter „Unsterblicher Film“ (Kindler-Verlag, München, 208 Seiten Text, 152 Seiten Tiefdruckbilder und 220 Spalten Anhang. Preis 9.80 DM). Es ist nicht Geschichte, es sind mehr Geschichten eines „Mannes vom Bau“, der um das

Metier und die letzten Kulissengeheimnisse weiß; eine Geschichte des Filmbetriebes etwa. Interessant und amüsant genug, aber doch nicht die sehnlich erwartete große Geschichte des Films in deutscher Sprache. Das Ausland ist nur reflexhaft erfaßt, der religiöse Film mit einigen hämischen Bemerkungen über die „American Legion“ und die Hays-Organisa-tion abgetan (der folgende Band über die Tonfilmzeit wird dem Verfasser Gelegenheit zur Revision dieses flüchtigen Urteils geben) und im übrigen ist das Buch nicht frei. von Druckfehlern (Graf Kolowrat-Krokowsky statt richtig Krakowsky) und Bildungs-fchlern (S. 20: „Die kuhäugigfe Athene“!). Für die Grundhaltung des Verfassers ist vielleicht am kennzeichnendsten sein Plädoyer für politische und militärische Konjunkturfilme (S. 152 f.). Sehenswert der Bilderteil, wertvoll die umfangreichen „Stichworte zur Filmgeschichte“.

Nach dem „Lachenden Mediziner“ liegt nunmehr auch Richard Gordons „ ,A b e r, Herr Doktor!' auf hoher See“ in deutscher Sprache vor (Paul-Zsolnay-Verlag, Wien. 307 Seiten). Das Buch ist noch freier, frecher als der Film, aber der Spott ist von entwaffnender Intelligenz. „Ich widme dieses Buch“, heißt es im Vorspruch, „der britischen Handelsmarine — sie muß sich eine Menge darin gefallen lassen.“ Die Aerzte auch. Die Leser auch. Aber sie tun es alle gern.

„Oesterreichischer Film-Almanach 1 9 5 6“ (Herausgeber Harry Nestor, Wien IV, Kleine Neugasse 4) ist in den neun Jahre seines Bestandes gewachsen und mit seinem umfassenden Adressen-mate.rial zum Wiener Film-Baedeker geworden. Ein breiterer Teil der neuen Ausgabe ist den umwälzenden technischen Neuerungen des Films gewidmet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung