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Abendländische Menschen
ENGLÄNDER — FRANZOSEN — SPANIER. Ein Vergleich. Von Salvador de Madariaga. Original: Englishmen — Frenchmen — Spaniards. Ins Deutsche übertragen von Helmut Lindemann. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. S 299.—.
ENGLÄNDER — FRANZOSEN — SPANIER. Ein Vergleich. Von Salvador de Madariaga. Original: Englishmen — Frenchmen — Spaniards. Ins Deutsche übertragen von Helmut Lindemann. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. S 299.—.
Es versteht sich von selbst, daß dieses Buch köstlich zu lesen ist. Drei Völker werden verglichen, die da wohnen an des Okeanos Gewässern; sie werden verglichen von einem — in jedem Sinne des Wortes! — liberalen Spanier, der lange Diplomat war. Dadurch wird vor allem eines sichergestellt. Er vergleicht die Völker so, wie man sie, wie man auch Einzelmenschen vergleichen muß: ohne daß über
Charaktereigenheiten Werturteile gefällt würden. Werturteile darf und soll man fällen über Glut und Böse; nicht aber über die verschiedenen Gaben, welche diesen und jenen für den Kampf zwischen Gutem und Bösem mitgegeben werden. Es versteht sich, daß eine Beschreibung manchmal wie ein Werturteil aussieht — ist doch die eine Eigenschaft für dies, die andere für jenes vorteilhafter. Aber so ist es nicht gemeint; der Autor hat als ganz bewußter Abendländer alle drei Völker zu lieb, als daß er eine der beschriebenen Eigenarten minderwertig finden sollte.
Er ist ein hellsehender Psychologe; deshalb und weil er Schriftsteller ist, sieht er die Bedeutung der Sprache für den Charakter. Sie schafft ihn, sie zeigt ihn. Die gealterte, abgeschliffene englische Sprache, die nicht viel mehr Flexion hat als das Chinesische, paßt sehr wohl zu den praktischen Völkern, die Pluralismus und Pragmatismus geschaffen haben. Über diese Kongruenz von Charakter und Sprache kann man um so ergiebigere Erwägungen anstelle , als ja in Österreich ein Karl Kraus das Entscheidende nachgewiesen hat — man kann es der Sprache eines Mannes, einer Richtung an sehen, ob hier aufrichtig gesprochen oder gelogen wird... Und hat man das gründlich betrachtet, dann weiß man auch, welche Grenzen dem gegenseitigen Verständnis gesetzt sind. Nebenbei gesagt, nirgends ist die teilweise Blindheit der alten, so hochkultivierten Deutschliberalen so deutlich wie in Grillparzers berühmten Vers: „...denn Vorwärts! ist ung’risch und böhmisch.“ Das wußte Benedek besser, und hat seiner Mannschaft denn auch im Kugelregen „Elöre!“ zugerufen... Doch kehren wir zur Sache zurück. Am meisten wird den Leser interessieren, was Madariaga über das eigene Land sagt; an der politischen Entwicklung wird man das kontrollieren können.
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