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Alle bleiben — bis auf weiteres
Der Ausspruch des Generaldirektors des Konsumverbandes, Hermann Gerharter, auf die Frage, ob er nach dem Debakel des Konsum zurückzutreten gedenke „Warum soll ich denn zurücktreten?” sprach Bände.
Sie enthüllte vor ungezählten Fernsehern die erschreckende Mentalität einer sozialistischen Funktionärsschicht, die gern alle Privilegien und Vorteile ihrer Positionen genießt, aber nicht bereit ist, wenn die Sache,schiefgeht, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen.
In der guten alten Zeit, in der es noch Herren und Anstand gab, mußte man den Hut nehmen oder sich die Kugel geben, wenn man Bankrott gemacht hatte, heute läßt man die Gläubiger und im Fall des Konsum die betroffenen Konsumenten durch die Finger schauen, ruht sich auf seinen zu Disteln gewordenen Lorbeeren aus und läßt sich den ohnedies großzügig versüßten Rückzug ins Privatleben abringen.
Doch man darf sich über eine solche Haltung eines Spitzenfunktionärs im Bereich der Ökonomie, der seine Position der Politik verdankt, nicht wundern, denn in der österreichischen Politik geht es offenkundig auch nicht anders zu.
Auch der Bundeskanzler und Parteivorsitzende der SPO, der eine Niederlage, die sich wahrlich gewaschen hat, hinnehmen mußte, tut weiter, als ob nichts Besonderes geschehen wäre. Es bewahrheitet sich wieder einmal die Weisheit des Volkes im Sprichwort: „Wie der Herr, so das Gescherr.”
Und so pflanzt sich denn die Haltung, sich für keine Niederlage verantwortlich zu fühlen und keine Konsequenzen aus eingetretenen Katastrophen zu ziehen, von oben nach unten fort und führt in diesem Land zu einem ständig steigenden Verlust an Glaubwürdigkeit der Regierung und der sonstigen politisch Verantwortlichen.
Diese alle reden sich freilich ein und versuchen es auch uns allen einzureden, daß sie nur aus Verantwortungsgefühl an ihren Plätzen bleiben und nur ja nicht den Eindruck erwecken wollen, ein sinkendes Schiff zu verlassen. In der Bevölkerung ist aber der Verdacht, daß es sich dabei nur um eine faule Ausrede von Sesselklebern handelt, sehr verbreitet.
Daß man mit der Haltung, möglichst lange im Amt zu bleiben, koste es, was es wolle und geschehe, was da wolle, nichts historisch Bleibendes schaffen und hinterlassen kann, versteht sich im Grunde von selbst.
Aber es läßt sich absehen, daß dieses Verhalten nicht erst in historischer Perspektive, sondern schon auf kurze Sicht nicht gutgeht, sondern eine Pleite des Systems, das sich aus vielen Einzelpleiten zusammensetzt, nach sich ziehen wird.
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