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Im Zwielicht der Interpretation
DIE BOTSCHAFT VON JESUS CHRISTUS. Von Martin Dlbe1ins. Siebenstern-Taschenbuch Nr. 99. Herausgregeben und eingeleitet von Hans Conzelmann (1967). 157 Seiten. DM 5.80.
DIE BOTSCHAFT VON JESUS CHRISTUS. Von Martin Dlbe1ins. Siebenstern-Taschenbuch Nr. 99. Herausgregeben und eingeleitet von Hans Conzelmann (1967). 157 Seiten. DM 5.80.
Das vorliegende Bändchen, dessen Verfasser bekanntlich zu den Begründern der formgeschichtlichen Schule zählt, erschien zum erstenmal 1935. Es fand aber, wie der Herausgeber der neuen Auflage im Geleitwort bedauernd vermerkt, damals nur wenig Interesse, da ein guter Teil der deutschen Protestanten „im Bann des Nationalsozialismus” stand und von einem jüdischen Erlöser nichts wissen wollte, und die „Bekennende Kirche”, die unverrückbar an ihren beiden Grundprinzipien: „Der Glaube allein” und „die Schrift allein” festhielt, nun, sie vermochte mit einem Buch nicht viel anzufangen, welches von der Magier- Legende, Hirten-Legende, Zachäus- Legende, der Legende von der Geburt des Täufers, des zwölfjährigen Jesus im Tempel usw. berichtet (vgl. S. 150—154). Pauli Bekehrung „ist nach Anlage und Erzählungsweise” (S. 149) ebenfalls eine Legende, bei der wir allerdings das Recht besitzen, ihr eine „geschichtliche Nachricht” zu entnehmen. Aber für den gewöhnlichen Leser — und für diesen ist ja das Buch bestimmt — bedeuten Legende und geschichtliche Nachricht meistens doch zwei verschiedene Dinge, allem Anschein nach gelegentlich sogar für Dibbeius selbst (vgl. S. 8, 147), daher sollte der Erklärer der Heiligen Schrift gerade mit diesem ‘mißverständlichen Ausdruck besonders sparsam sein.
Das Buch wird heute auch in Fachkreisen geteilte Aufnahme finden, denn bei aller Anerkennung der richtigen und wertvollen Anregungen, die wir der Formgeschichte verdanken, ist doch ihre mangelnde Trennung von Literatur- und Sachkritik, ihre bedenkliche Unterschätzung der Leistung des einzelnen Evangelisten als wertlosen „Rahmen” heute als überholt anzusehen. Das hat die nach dem zweiten Weltkrieg entstandene redaktionsgeschichtliche Methode überzeugend dargetan. Zwei Einzelheiten seien noch herausgegriffen: Den Tafelmeister (Speisemeister) auf der Hochzeit von Kana als „Hausmeister” zu bezeichnen (94, 144) wirkt — wenigstens in unseren Gegenden — höchst mißverständlich. Das Wunder von Kana war nach Dibelius „ursprünglich eine heidnische Erzählung” (146) vom helfenden Gott usw. Hat ein Augenzeuge des Lebens Jesu, als der sich der Verfasser des Vierten Evangeliums oft genug erweist, es wirklich notwendig, seinen Meister mit weithergeholten heidnischen Wundertaten zu dekorieren?
Richard Schnackenburg weiß in seinem kürzlich erschienenen Kommentar eine weit bessere Erklärung und tiefere. Deutung der ganzen Szene.
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