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Tadel für die Presse

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Die iranzosiscnen 1-ojuiuiK.er naiwsn

anfänglich mit gewisser Sorge den Übergang von einer Koalitionsregierung zu einer monocoloren Regierung in Wien betrachtet. Sollten etwa Konstellationen entstehen, die mit denen vor dem Jahr 1934 zu vergleichen seien? Die Reife der österreichischen Demokratie haben die anfänglichen Pariser Bedenken zerstreut. Die Regierung Klaus Andel daher in Paris volle Zustimmung, und wie seit Jahren noch nicht könnte eine grundsätzlich wohlwollende Haltung von Paris zu einei dauernden zweiseitigen Partnerschaft führen.

Diesem Wunsch der Fünften Republik stehen jedoch Teile der öster-retehsschen Presse entgegan, die m

sich besonders angelegen sein läßt, de Gaulle und seine Bewegung abzulehnen, ja zu verwerfen. Pariser Beobachter vertreten die Meinung, daß sich die Wiener Presse in einer systematischen Verurteilung der Politik des französischen Staatschefs international 'besonders hervortut. De Gaulle wird in den österreichischen Blättern sehr oft als größenwahnsinniger Nationalist bezeichnet. In Paris wurde mit sichtlichem Unmut registriert, daß eine der Industrie verbundene Wiener Wochenzeitschrift den Besuch Pompidous mit dem Brandartikel einleitete, de Gaulle sei am Ende. Dies war eine taktlose Bemerkung, die im politischen Paris Bedauern hervorrief. Ist ee warkMch notwendig, daß gewisse

Kreise in Österreich in jeder Handlung de Gaulles antideutsche Akzente ablesen? In der Ablehnung der Oder-Neiße-Linie kopiert man da und dort in Österreich die intransingentesten deutschen Flüchtlingsorganisationen. Dies geschieht zu einer Zeit, da selbst die Regierung Kiesinger-Brandt eine Entspannung mit Polen sucht und ein europäisches Konzept für die früheren deutschen Ostgebiete entwickelt. Paris würde wünschen, daß die öffentliche Meinimg in Österreich besser als es bisher geschah, die weltpolitischen Analysen des franzö-

sischen Staatschefs zur Kenntnis nimmt und nicht ständig Ressentiments pflegt, für die wirklich kein Grund besteht.

Jedem steht es frei, die Außenpolitik General de Gaulles abzulehnen. Aber dies sollte in vollständiger Kenntnis aller Elemente und nach Prüfung sämtlicher Argumente erfolgen. Es wäre auch angebracht, daß sich die österreichische öffentliche Meinung mehr durch Österreicher informieren läßt, die mit den Problemen der beiden Länder und ihrer Denkungsweise vertraut sind Bisher hat die österreichische Presse zu sehr auf Nachrichten aus zweiter Hand vertraut oder sich von deutschen Journalisten in Paris „mitbedienen“ lassen, welche ihre Berichterstattungsaufgabe unter rein kommerziellen Gesichtspunkten sehen.

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