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Wärmeres Klima Bonn-Paris

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Bonn und Paris wollen einen neuen Anlauf zu besserer Zusammenarbeit unternehmen. Dies ist das Fazit der Begegnung Erhards mit de Gaulle. Die Atmosphäre in Paris war diesmal besser als bei den letzten Malen. Die deutsche Abordnung strahlte bei ihrer Rückkehr nach Bonn jedenfalls Zuversicht und Zufriedenheit aus. Auch wenn man Erhards gewohnheitsmäßigen Optimismus in Rechnung stellt, ist die Veränderung des Klimas unverkennbar. Das Geheimnis der Wende besteht wohl darin, daß beide Seiten sich entkrampft haben. Sie haben das Mißtrauen wegeskamotiert, das auf ihren Beziehungen lastete und für dessen Entstehen der General in seinem eigenen Parlament verantwortlich gemacht worden war. Auch hat man den Versuch aufgegeben, sich gegenseitig in den elementaren Fragen zu bekehren. Man zeigt auf beiden Seiten güten Willen, beschränkt die Zusammenarbeit aber zunächst auf die Gebiete, auf denen Aussicht auf brauchbare Ergebnisse besteht.

Die grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten bleiben demnach unverändert. Die NATO und ihre Reform, die nukleare Teilhaberschaft der Bundesrepublik, die amerikanische Politik in Vietnam und die Einstellung Deutschlands zu Frankreichs hiezu wurden bei den Pariser Gesprächen in der neutralen Ecke gelassen. So wurde vermieden, daß die Beratungsatmosphäre in Gefahr geriet, einzueisen.

In der Welt der Praxis

Um so mehr hat man sich den praktischen Aufgaben zugewandt, die beide Länder in naher Zukunft zu lösen haben. De Gaulle hat denn auch in einem Trinkspruch besonders hervorgehoben, daß es gelte, sich in der Welt der Praxis und der Realitäten zu bewegen. Die Vertei- digungs-, die Wirtschafts- und die Außenminister haben demgemäß in einer Anzahl von Fragen praktische Zusammenarbeit in Aussicht genommen. Auf dem Gebiet der Jugend funktioniert die Zusammenarbeit ohnehin. Künftig sollen auch die Wissenschaft und Forschung in die Konsultationen einbezogen weiden.

Von Bedeutung wird sein, wie sich das geänderte Klima in den deutsch- französischen Beziehungen auf die EWG auswirkt. In bezug auf die Kennedy-Runde bleiben die alten deutsch-französischen Meinungsverschiedenheiten bestehen. Hingegen scheinen die Deutschen durchgesetzt zu haben, daß die Agrarfinanzierung nicht der Angelpunkt der französischen Politik bleibt. Die Bundesregierung hatte schon dm Frühjahr 1964 ein Arbeitsprogramm vorgelegt, das zügiges, gleichzeitiges Vorwärts schreiten auf allen Gebieten vorsah. Dem scheint Frankreich jetzt im Grundsatz zugestimmt zu haben.

Eine Rolle hait bei den Pariser Gesprächen nicht zuletzt de Gaulles bevorstehende Reise nach Moskau gespielt. Bonn hatte das Vorhaben etwas als Alpdruck empfunden, einfach deshalb, weil es sich ziufolge der mangelnden Kontakte zwischen beiden Regierungen kein genaues Bild über die Absichten des Generals zu machen wußte. Erhard hatte sich deshalb vorgenommen, eine ausführliche Auskunft herauszufordern. Das Bild, das sich nun den deutschen Politikern bietet, dürfte sie befriedigen.

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