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Aus neuem Geist
Musiktheater um die Jahrhundertwende: das Thema ruft eine Fülle an Gedanken und Aspekten wach. Sie reichen von Operette und Cabaret bis hin zur eruptiven Gestaltungskraft mancher Opernkomponisten der Epoche.
Ein Symposion, das kürzlich unter der Leitung von Moritz Csä-ky und Peter Hanäk getagt hat, wollte diesen faszinierenden und in ihrer Gesamtheit bisher kaum erforschten Fragenkomplex beleuchten, um damit ein beziehungsvolles Feld der Wirkungen und Wechselwirkungen zu erhellen. Die Methode war interdisziplinär, der Ansatz überregional.
„Mit Siegfriedsallüren ist dieser Tage ein neuer Dirigent eingezogen, dem man es vom Gesicht ablesen kann, daß er mit der alten Mißwirtschaft hier energisch aufräumen wird“, so optimistisch äußerte sich 1897 Karl Kraus über die Bestellung Gustav Mahlers zum Direktor der Hof oper. Im damaligen Wien freilich fielen, anders als zuvor in Budapest, Mahlers bahnbrechende und unter dem Einfluß Richard Wagners entwickelte Ideen tatsächlich bald auf fruchtbaren Boden. Schon in den frühen siebziger Jahren nämlich hatten sich hier die Anhänger des Komponisten in Vereinigungen wie der „Sagengesellschaft“ formiert, um jene „Rückkehr zu den Anfängen aus neuem Geist“, wie der Grazer Historiker Reinhard Farkas unterstrich, zu proklamieren.
Basis für die heraufdämmernde Moderne war Wagners mythische Vorstellungswelt. Die moderne Bewegung, die nach Friedrich Nietzsche „aus dem Geist der Musik“ geboren worden war, wollte alle Bereiche des künstlerischen Lebens einschließen. Dies bedeutete auch ein Streben nach szenischer und musikalischer Einheit, die in der „Tristan“-Inszenierung Mahlers 1903 derart vollendet gelingen sollte, daß Hermann Bahr angesichts der Bühnenbilder Alfred Rollers den Satz von den „Tönen, die zum Büd geronnen“ prägte. Und doch darf nicht vergessen werden, daß der gerade vollzogene Anschluß an internationale künstlerische Neuerungen nichts an der Dominanz des vom Wiener Publikum seit jeher favorisierten Balletts zu ändern vermochte.
Es ist ein Verdienst der Tagung, den Blick für die Vielfalt gleichzeitiger Erscheinungen geschärft zu haben. Moritz Csäky verwies anhand der „Lustigen Witwe“ auf die abseits ästhetischer Kriterien der Hochkultur wirksame Bedeutung der Operette als ein „Vehikel der Ideen der Moderne“. Forderungen wie jene nach Frauenemanzipation oder nach dem allgemeinen Wahlrecht sind in der Tat bereits in den Walzertönen der Operette angeklungen. Ebenso steht Franz Lehärs Werk für den Anfang einer wahren „Hungaro-manie“ - folkloristisch verbrämt auf der einen, betont national auf der anderen Seite. Die Stilisierung des aus dem ungarischen Volksstück herkommenden Typus, der in der „Traumfabrik der Jahrhundertwende“ entstanden war, sollte später in den Traumfabriken Hollywoods glanzvolle Auferstehung feiern.
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