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DER MENSCH IST FREI

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□ Franz Jägerstätter ist in seinem theologischen und philosophisch-politischen Denken und Handeln vollständig in der Kultur und Tradition des Christentums, genauer: der römisch-katholischen Kirche, eingebunden; die christlich-religiösen Werte geben seinem Leben und Handeln Orientierung und Sinn.

□ Der Mensch ist frei, hat einen freien Willen, Verstand zum Erkennen und daher Verantwortung für sein Denken und Tun; im individuell verantwortlichen Gewissen findet der Mensch die Instanz, die ihm sittlich richtiges und sittlich gutes Tun und Handeln ermöglicht.

□ Der Mensch ist von Gott geschaffen und bekommt auch von Gott die Kraft (=Gnade als freies Angebot Gottes), sein Leben sinnvoll und verantwortungsvoll zu gestalten. Ziel eines christlichen Lebens ist es, bereits hier sein Leben nach christlichen Werten auszurichten, um nach dem irdischen Tod und nach der Auferstehung in den Himmel, zur Anschauung Gottes, zu kommen. Den wahren Christen erkennt man an seinem Glauben, seiner Hoffnung und Liebe.

□ Nicht einmal familiäre Verpflichtungen dürfen den Christen von der wichtigeren Sorge um das Seelenheil abhalten. Der Christ muß in der Nachfolge Christi zum Kampf und Martyrium bereit sein, er muß aber auch bereits in diesem Leben die christlichen Werte umsetzen: zum Beispiel gewissenhafte Beurteilung der Ereignisse und Situationen, aber christliches Verzeihen und kein Verurteilen der handelnden Personen.

□ Franz Jägerstätter entschied sich nach gewissenhafter Information

Das österreichische Bundesheer hat größtes Interesse, Jägerstät-ter nicht als ausgesprochenen Pazifisten erscheinen oder ausnützen zu lassen. In Informationsflugblättern wird vor allem auf die Unterscheidung Angriffs- und Verteidigungskrieg aufmerksam gemacht. gegen Hitler, gegen den Nationalsozialismus und den Aggressionskrieg; er verweigerte dieser unchristlichen Bewegung seine Mitabeit. Das Reich Gottes war ihm wichtiger als das „Tausendjährige Reich”.

□ Wohl aber haben die verschiedenen Länder und Völker nach Ansicht von Franz Jägerstätter ein Existenzrecht und ein Verteidigungsrecht; für sein Vaterland muß man aber schon beizeiten eintreten, wie er es mit seinem „Nein” bei der „Anschluß-Abstimmung” getan hat. Die Menschen und Völker haben ein Recht, ihr Vaterland - in dem es neben Pflichten auch Rechte geben muß - zu verteidigen, aber gerade Christen müssen zwischen „gerechtem und ungerechtem Krieg” unterscheiden.

□ Christliches Leben beinhaltet auch gelebte Toleranz, zum Beispiel gegenüber den Frontsoldaten und deren Wissen und Gewissen, Gott wird einmal urteilen über jeden Menschen, der Christ aber soll aus christlicher Nächstenliebe - soweit es ihn betrifft - verzeihen.

□ Die „Norm”, an die sich Franz Jägerstätter hielt, war die in der Bibel aufgezeigte Nachfolge Christi - bis zum Tod, dem letzten Eintreten für die christlichen Werte, und bis zur Auferstehung.

Schlußfolgerungen aus: Franz Jägerstätter -Versuch einer Annäherang an sein theologisches und philosophisch-politisches Denken, Landesverteidigungsakademie Wien, 1989.

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