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Der Schmutz hat viele Vater

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Das Bundesamt für Virusseuchenbekämpfung führte eine Analyse der Fischfangergebnisse in Donau und Inn durch und stellte dabei fest, daß die Quecksilberkontamination auf weite Strecken bei 41 Prozent der gefangenen Fische die Toleranzgrenze (0,5 mg pro kg) überschritten und bei weiteren 41 Prozent das noch immer gefährliche Quantum zwischen 0,2 und 0,5 mg erreicht hat. Lediglich der minimale Rest wies einen geringeren Gehalt auf.Bei anderen Gewässern ist die Situation noch schlechter, zum Teil ist bei ihnen sogar schon der biologische Tod eingetreten — was uns dann aller Sorgen über den Giftgehalt der Fische enthebt.

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Das Bundesamt für Virusseuchenbekämpfung führte eine Analyse der Fischfangergebnisse in Donau und Inn durch und stellte dabei fest, daß die Quecksilberkontamination auf weite Strecken bei 41 Prozent der gefangenen Fische die Toleranzgrenze (0,5 mg pro kg) überschritten und bei weiteren 41 Prozent das noch immer gefährliche Quantum zwischen 0,2 und 0,5 mg erreicht hat. Lediglich der minimale Rest wies einen geringeren Gehalt auf.Bei anderen Gewässern ist die Situation noch schlechter, zum Teil ist bei ihnen sogar schon der biologische Tod eingetreten — was uns dann aller Sorgen über den Giftgehalt der Fische enthebt.

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Aber es geht hier nicht nur um die für die österreichische Ernäh-rungsbäsis nicht sehr bedeutenden Flußfische, sondern auch um unser Trink- und Badewasser, ja um das gesamte Ökosystem, welches bereits empfindlich gestört ist.

Daß es in Österreich schon so weit gekommen ist, muß als besonders alarmierend angesehen werden, da wir bezüglich Wasser von Natur aus in einer relativ günstigen Situation sind: Wir sind bei den meisten Flüssen weitgehend „Oberlieger“ und besitzen einen großen Niederschlagsreichtum. Der Großteil des entnommenen Wassers wird sogar den Flüssen wiedergegeben — aber bedauerlicherweise vermehrt durch enorme Quantitäten von Schadstoffen und Schmutz, womit auch das ganze übrige Wasser kontaminiert wird.

Die Schuld daran trifft gleichermaßen Industrie und Gemeinden, wobei diese speziell in der letzten Dekade durch geradezu hektischen Kanalisationsbau stark im Vormarsch begriffen sind. Professor Liepold von der Bundesanstalt für Wasserbiologie und Abwasserforschung vertritt die Ansicht, daß es wenig Sinn habe, einer.der beiden Gruppen die Hauptschuld geben zu wollen: die Situation divergiert stark von Gewässer zu Gewässer, weshalb“ Bundesdurchschnitte nicht sehr aussagekräftig sind.

Außerdem gibt es qualitative Unterschiede: weiche Relation stellt man her zwischen Industrieabwässern, welche das Leben weitgehend vernichten, und Kommunalabwässern, welche dies vielleicht nicht ganz so perfekt besorgen, dafür aber für den Menschen gefährliche Krankheitskeime enthalten?

Die Situation ist seit langem bekannt, aber es geschah so gut wie nichts. Sieht man von einigen propagandistisch ausgewalzten kosmetischen Operationen ab, übertrumpfen sich in dieser Frage Kommunen, Länder und Bund gegenseitig durch Indolenz. In einigen stark frequentierten Badeseen wurden dem Tourismus zuliebe Ringleitungen für Abwässer gebaut, über deren tatsächliche Effektivität die Meinungen divergieren und welche das Problem nur in andere Gewässer verlagern, nicht aber lösen.

Und die Bundesregierung proklamiert stolz, sie werde die Bevölkerung fragen, was ihr reines Wasser wert sei — um dann einen „Wasser-Schilling“ zu lancieren. Mittlerweile ist man davon abgegangen. Aber für wie lange?

Dabei hätten viele Probleme vermieden werden können — und das mit relativ geringen Mitteln. Der Bau von Kanalisationen mit vollbiologischen Kläranlagen, welche die Abwässer immerhin zu 80 Prozent reinigen würden — im Gegensatz zu den total insuffizienten mechanischen Anlagen, welche dies nur zu zirka 30 Prozent besorgen — wäre im allgemeinen lediglich um 10 Prozent teurer gekommen als die Errichtung von Kanalisationen ohne Kläranlagen.

Ungefähr 45 Prozent der industriellen Abwässer stammen von der — weitgehend verstaatlichten — Eisen- und Stahlindustrie. Auf sie folgt die Papierindustrie mit über 20 Prozent. Wenn auch in manchen Fällen bereits umfangreiche Anlagen mit enormem Aufwand installiert wurden, ist in der Regel die Situation noch ziemlich unbefriedigend.

Bis zu einem gewissen Grad können in verschiedenen Branchen die Kosten der Klärung durch den Wert der bei diesem Prozeß zurückgewonnen Roh- und Hilfsstoffe gedeckt werden. Trotzdem stellen zweifellos in den meisten Fällen die Installationen zur Wasserreinhaltung eine gravierende Zusatzbelastung für die Wirtschaft dar.

Es wäre daher empfehlenswert — und per saldo die billigste Methode —, wenn die öffentliche Hand durch „Incentives“ den Bau von Kläranlagen stärker als bisher förderte — beispielsweise durch (günstige Kredite speziell für diese Zwecke und steuerlich durch besondere Möglichkeiten zur vorzeitigen Abschreibung. Darüber hinaus mußten Umweltschutzinvestitionen bei der Bemessung der Vermögens- und Gewerbesteuer ausgeklammert werden, da es wohl absurd ist, daß kostspielige Investitionen, welche für die Produktion ohne Bedeutung sind und nur im Interesse der Umwelt durchgeführt wurden, auch noch die Steuerlast vergrößern.

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