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Die „Law and order“-Partei

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Der CJ5U-Vorsitzende Strauß hat letzthin nachdrücklich darauf hingewiesen, daß von den Themen “in IIa tion ~tmd Sichern! Ip die augenblicklich die “Bürger am stärksten beschäftigten, laut Meinungsumfragen das Problem der Sicherheit an die erste Stelle gerückt sei.

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Der CJ5U-Vorsitzende Strauß hat letzthin nachdrücklich darauf hingewiesen, daß von den Themen “in IIa tion ~tmd Sichern! Ip die augenblicklich die “Bürger am stärksten beschäftigten, laut Meinungsumfragen das Problem der Sicherheit an die erste Stelle gerückt sei.

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Die Vorgänge in Frankfurt und der kürzliche Banküberfall in Hanliburg hätten deutlich gezeigt, daß sich verschiedene Strafrechtsreformen, die unter dem Einfluß der SPD oder durch die jetzige Regierungskoalition zustande gekommen seien, als nachteilig für die allgemeine Sicherheit auagewirkt hätten. So werde beispielsweise schwerer bewaffneter Diebstahl nicht mehr als Verbrechen gewertet, und bei der neuen Fassung des Landfriedensbruchs sei es beinahe unmöglich, den Nachweis der Täterschaft zu führen, was sich insbesondere bei der Verhinderung gewalttätiger Demonstrationen als Handicap erweise. Die Landesgruppe der CSU werde deshalb in nächster Zeit im Rahmen ihrer parlamentarischen Tätigkeit diese Probleme eingehend erörtern und Initiativen vortragen.

Daß die CSU bestrebt ist, das Thema von „law and order'“ aus breiter Ebene anzugehen und ihre Meriten in diesem Bereich deutlich herauszustellen, geht aus mehreren Initiativen hervor, die zur Zeit in Bayern von sich reden machen. So hat Innenminister Merk jetzt in einem ausführlichen Rechenschaftsbericht dargestellt, daß die Sicherheitslage relativ günstig sei, daß erstmals seit zehn Jahren die Gesamtzahl der registrierten Straftaten nicht zugenommen habe und daß die Zahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr sogar spürbar zurückgegangen sei. Nach Leistungsfähigkeit und Ansehen stehe die bayrische Polizei in der Bundesrepublik an der Spitze und liege mit einer Aufklärungsquote von 57,4 Prozent mit mehr als 10 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Bayern habe die „Umrüstung“ seiner Polizei auf moderne Waffen, schnelle Fahrzeuge und elektronische Datenverarbeitung am weitesten vorangetrieben und die Aufstellung von Spezialeinheiten zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität geschehe in den anderen Bundesländern nach bayrischem Vorbild. Außerdem könne der Freistaat für sich in Anspruch nehmen, die Vorarbeiten für eine Organisationsreform bei der Polizei soweit geleistet zu haben, daß Bayern in absehbarer Zeit als erstes Bundesland die strategische Forderung des Sicherheits-programms des Bundes und der Länder nach einer modernen Gliederung der Polizeieinheiten erfüllen könne.

Auch auf dem Gebiet der „ideologischen“ Sicherheit hat die CSU-Regierung in letzter Zeit zwei Exem-pel statuiert. Der Soziologe und Medienwissenschaftler Prof. Horst Holzer an der Universität München und der Studienrat für katholische Religionslehre, Deutsch und Sozialkunde am traditionsreichen Münchner Luitpold-Gymnasium, Offergeld, erhielten in diesen Wochen vom Kultusministerium den schriftlichen Bescheid, daß sie sich als Beamte während ihrer jetzt abgelaufenen Probezeit als „ungeeignet“ erwiesen hätten und deshalb vom Staat nicht auf Lebenszeit übernommen werden könnten. Holzer ist eingeschriebenes DKP-Mitglied und hat deswegen schon auf Berufung nach Bremen, Oldenburg und Marburg verzichten müssen. Offergeld gehört dem Bundesvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an, ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft junger Lehrer und Erzieher in der GEW und gilt als Exponent des linken Flügels der Gewerkschaft.

Hauptgrund für die Entlassung Holzers ist seine Mitgliedschaft in der DKP. Wegen „seinem nachhaltigen Eintreten für die Ziele dieser Partei im Sinne des Marxismus-Le-ninismus“ biete der Wissenschaftler keine Gewähr für das vom Gesetz geforderte Eintreten des Beamten für die Grundprinzipien der Staatsgestaltung, und die künftige Erfüllung der „politischen Treuepflicht“ müsse deshalb angezweifelt werden, heißt es in der Begründung des Kultusministeriums. Offergeld wird dagegen eine Reihe von fachlichen Fehlern vorgeworfen: „mangelhafte Vorbereitung, unsystematische Vermittlung des oft willkürlich ausgewählten Unterrichtsstoffes, Fehlen des notwendigen Mindestmaßes an Disziplin, oberflächliche Korrekturen und unsachgemäße Benotung“.

So verständlich die Abhalfterung der beiden Probanden aus dem Staatsdienst in CSU-Sicht ist, bleibt selbst mit allerlei Ungereimtheiten verknüpft waren. Bei Holzer ist es die bekannte Schizophrenie zwischen offiziell anerkannter und im Rahmen des Grundgesetzes zugelassener Partei einerseits und faktisch beschränkter Entfaltungsmöglichkeit des einzelnen Parteimitglieds, das automatisch als verfassungsfeindlich eingestuft wird, anderseits. Und beim Fall Offergeld sind dessen Feststellungen, seine fachlichen Qualifikationen seien ursprünglich mit der guten Note 2 und erst im Laufe seiner politischen Tätigkeit mit der

worden, von Seiten der Betroffenen noch nicht hinlänglich geklärt worden. Um ähnliche Entscheidungen in Zukunft rechtlich besser abstützen zu können, hat inzwischen die bayrische Staatsregierung ihre Vorstellungen von einer bundesgesetzlichen Regelung der Nichtbeschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst genauer umrissen. Der von Bundesminister Genscher angestrebte Kompromiß wird in Bayern deshalb nur dann befürwortet werden, wenn er den Anforderungen eines Vier-punkteprograrnms entspricht. Danach sollen künftig Zweifel an der Verfassungstreue eines Bewerbers für eine ablehnende Entscheidung ausreichen. Schon die bloße Mitgliedschaft bei einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation begründet Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers, die im Regelfall für eine Ablehnung ausreichen. Auch bei Beamten auf Widerruf, die in einem Ausbildungsverhältnis stehen, soll auf die Pflicht zur Verfassungstreue nicht grundsätzlich verzichtet werden können. Und schließlich müsse die gesetzliche Regelung unmittelbar für alle öffentlich-rechtlichen Dienstherren gelten.

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