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Verluste und Lcken
Fünftens: Auf dem Gebiet des Sports wird viel getan. Da kann aber nicht über den Umstand hinwegtäuschen, daß wir gegenüber der Zeit der ersten Republik einen großen Aktivposten verloren haben: eine katholische Sport- und Turnorganisation. Die christlichdeutsche Turnerschaft ist nicht wieder errichtet worden. Die Nachfolgeorganisation, die sogenannte „Union“, ist gut „bürgerlich“, das heißt, von manchen Provinzgruppen und einem Teil der Führerschaft abgesehen, farblos. Wie wäre es denn auch sonst möglich, daß die „Union“ bedenkenlos ganze Sportvereine, wie den WAC, kooptieren kann? Die Errichtung einer eigenen und unabhängigen katholischen Organisation für Leibesübungen ist unvermeidbar, könnte sie doch die weltanschaulichen Randschichten und die „älteren“ Jahrgänge aufnehmen, ganz abgesehen davon, daß sie, mehr der Welt zugekehrt, eine eminente missionarische Aufgabe zu erfüllen vermöchte. In diesem Zusammenhang wollen wir festhalten, daß uns im katholischen Lager ohnedies Organisationen für den gesellschaftlichen Bereich fast ganz fehlen. Unser Organisationsleben kehrt sich immer mehr nach innen.
Sechstens: Ein nicht zu übersehender Grund für den Rückgang der katholischen studentischen Jugendgemeinschaften ist da und dort das Versagen der religiösen Weiterbildung und Festigung. Auf irgendwelche Weise ist für die Jugendführung das Problem des Priestermangels da.
Siebentens: Je stärker die männliche katholische Jugend zufolge ihrer Altersschichtung den Charakter eines Knabenhortes annimmt, in desto größere Schwierigkeiten muß notwendig die Jugendpresse geraten, da die für sie als Leser in Frage kommenden Altersklassen immer mehr verengt werden. Heute hat die katholische Jugendpresse kaum so viele Abnehmer wie früher eine einzige Zeitung für die Landjugend (das „Edelweiß“ mit 90.000). Statt des bisherigen nicht ganz klaren Nebenein-anders von mehreren, sich in ihren Aufgabenbereichen überschneidenden Zeitschriften wäre es wohl besser, für die Jugend ab 14 Jahren eine M o n a t Zeitschrift für Burschen und Mädel und zusätzlich ein Studentenblatt zu schaffen, freilich mit Pflichtbezug. In diesem Fall könnte man endlich auch einen Mitgliedsbeitrag einheben. Die nach dem Krieg anfänglich angezeigt gewesene B i n-d u n g s 1 o s i g k e i t erweist sich allmählich als eine gefährliche Attraktion. Keine Mitgliedskarten, keine streng eingehobenen Beiträge — auf wen zieht denn diese Bin-dungslosigkeit? Doch insbesondere auf jene, die „irgendwo“ dabei sein wollen, sei es aus welchen Gründen immer, und dieses Dabeiseinmüssen mit einem Minimum an Aufwand erkaufen wollen. So erstehen manchmal Jugendgemeinschaften, die schon in die Form von „Klubs“ hinübergewechselt haben, mit dem Ping-pongtisch als Altar, der in Verbindung mit einer Jazzharmonika für nicht wenige Jungkatholiken den Inbegriff ihres „Jugendreiches“ darstellt.
Ich habe in diesem Aufsatz wahrlich keine Umschreibungen angewendet und eine Darstellung gewählt, welche die Dinge illusionslos aufzuzeigen versucht. Sicherlich ist es nicht angenehm, Illusionen liquidieren und zum Jargon gewordene Vorstellungen von „Massenorganisationen“ und „Elite“ aufgeben zu müssen. Aber es ist besser so und entspricht katholischem Realismus.
Viel von dem, was ich mich verpflichtet fühlte zu sagen, wird nicht unwidersprochen bleiben. Das ist gut so. Nichts wäre unsinniger, als dem Gespräch oder der Selbstkritik auszuweichen.
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