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Zeitweise entschiedener Gegner

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Dabei war man sich seit langem chon darüber im klaren gewesen, daß bei diesem Bemühen die Bundesrepublik sich nicht gerade an die Spitze der Kritiker und Gegner des Vertrages setzen sollte. Insbesondere Außenminister Brandt hat dies von Anfang an erkannt. Indessen ließ sich nicht verhindern, daß starke Kräfte namentlich in der CDU/CSU den Vertrag in erster Linie unter dem Gesichtswinkel erörterten, wie er sich auf die Bundesrepublik auswirke. Hinzu kam der häufig anzutreffende deutsche Hang, deutsche Angelegenheiten im Alleingang zu regeln, statt sich rechtzeitig nach Bundesgenossen umzusehen.

Die Folge davon war, daß die Bundesrepublik zeitweilig als der entschiedenste Gegner des Atomsperrvertrages erschien. Tatsächlich weiß inzwischen alle Welt, daß Schweden, Indien, Ägypten, Israel, Japan, Italien ähnliche und gleiche Einwände gegen den Vertrag erheben und in Genf mit allem Nachdruck versuchen, sie zum Tragen zu bringen.

In den letzten Wochen hat die deutsche Diplomatie, behutsamer als mancher Politiker, sich diese Situation zunehmend zunutze gemacht. Sie steht in ständiger Fühlung mit allen jenen Staaten, denen der Atomsperrvertrag in seiner bisherigen Fassung nicht behagt und die namentlich eine gleichzeitige Verpflichtung der Superatommächte zur Abrüstung ihrer eigenen Bestände fordern. Die Bonner Diplomatie bemüht sich also, mehr in den Hintergrund zu treten und den anderen Interessenten die Wortführung zu überlassen.

Offensichtlich sind die Bedenken, die von allen diesen Seiten vorgetragen werden, auf die Amerikaner nicht ohne Einfluß geblieben. Sie haben sich inzwischen auf Gespräche darüber eingelassen, wie weit Änderungen in dem Vertragsentwurf möglich sind. Dabei stehen sie allerdings auch unter sowjetischem Druck. Die Sowjets haben die amerikanische Regierung wissen lassen, daß sie zu Verhandlungen über einen Vertragsentwurf erst bereit sind, wenn die USA die Zustimmung ihrer Verbündeten vorlegen können.

In diesem Zusammenhang hat gerade in der deutschen Diskussion der Artikel 3 des Entwurfes, der die Kontrollmaßnahmen betrifft, eine bedeutsame Rolle gespielt. Ein fixierter Wortlaut dieses Artikels ist der Bundesregierung und wohl auch anderen Regierungen noch nicht vorgelegt worden. Die Amerikaner haben nur unausgefeilte und unverbindliche Formulierungen vorgezeigt. Außerdem hat sich herausgestellt, daß ausgerechnet sie es gewesen sind, die auf die Aufnahme des Kontrollartikels in den Vertrag bestanden haben. Die Sowjets waren daran aus dem einfachen Grunde wenig interessiert, weil ihr bekannter Horror gegen jegliche Art von Kontrolle auf ihrem eigenen Grund und Boden so lebendig ist wie eh und je. Der Kreml hat dann aber erklärt, wenn schon eine Kontrolle eingeführt werden sollte, dann durch die Wiener Internationale Atomenergiebehörde, nicht jedoch durch Euratom.

Durch die Abweisung von Euratom entstehen naturnotwendig für die EWG schwerwiegende Probleme, dies um so mehr, als sie gerade dabei ist, die Fusion ihrer Exekutiven, der die Fusion der Gemeinschaften folgen soll, endlich in die Tat umzusetzen. Nach Ansicht der Euratom-Staaten haben sie eine sichere Kontrolle für den friedlichen Gebrauch der Kernenergie entwickelt. Darüber hinaus gerät das ganze Gebäude der Sechsergemeinschaft ins Schwanken, wenn die Euratom-Kontrolle durch die Kontrolle der Wiener Behörde ersetzt werden soll.

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