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Ein Christ und Realist
Mit Leopold Summerauer hat die katholische Soztalbewegung· der „ecclesia militans" eine Persönlichkeit verloren, die aus vielen Gründen bemerkenswer.t - und vorbildlich ist
Wer Leopold Summerauer seit den ersten Tagen der Aktivistengruppe der Katholischen Arbeiterjugend (KAJ) bei P. Josef Zeininger in der Krim-Pfarre kannte und ihm im Rahmen der Auseinandersetzung um eine gerechte Sozialordnung in Österreich in seinen verschiedenen Funktionen als Sekretär der KAJ ( 1 948), als Bundessekretär der Katholischen Arbeitnehmerbewegung Österreichs (KAB, 1 958), als Chefredakteur und Geschäftsführer von deren Zeitung „Zeitzeichen", als Mitglied des Bundesvorstandes des ÖGB und der Christlichen Fraktion und nicht zuletzt auch als Betriebsratsobmann im Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz immer wieder begegnet ist, im Dr. KarlKummer- Institut für Sozialpolitik und Sozialreform, bei den katholisch- sozialen Tagungen wie auch in _der Katholischen Sozialakademie Österreichs in den Tagen von P. Riener SJ, konnte die Entwicklung eines Menschen miterleben, der sich ganz der Verwirklichung der ka-
tholischen Soziallehre in Österreich verschrieben hatte, sich selbst unverfälscht treu geblieben ist; nicht zuletzt auch in Sprache und ·Habitus, gleichzeitig zielbewußt ebenso wie persönlich ohne jeden falschen Ehrgeiz und mit einer ausgeprägten Fähigkeit zu per,sönlicher Freundschaft.
Was ihn besonders hervorhob, war sein wacher Sinn für die handfesten Perspektiven eines christlichen Sozialrealismus, dem jede prophetische romantische Utopie ferngelegen ist. Trotz seines konsequenten Einsatzes zum Wohl der österreichischen Arbeitnehmer waren seine Vorstellungen nie darauf allein eingeengt: Sein lnt.eresse und ????ein kämpferischer Einsatz für Fragen der Familie, der Eigentumsordnung und der Sozialpartnerschaft wiesen immer wieder auf das Anliegen einer dem christlichen Mensch????nbild verpflichtet????n Gesellschaftsordnung in ihr????r Gesamtheit hin
Obwohl ein hartnäckiger Gesprächspartner, ist er stets doch auch ein dialogfähiger und ehrlich
dialogwilliger gewesen, mit einem guten Schuß Mißtrauen gegen hochgestochene theoretische Konstruktionen. Bei seiner Mitarbeit bei der Publikation des Dr. Karl-KummerInstitutes „Was· macht den Markt sozial? Die Grundzüge der Sozialen Marktwirtschaft" hat Leopold Summerauer bewiesen, daß ihn mariche Berührungsängste, wie sie bei katholisch-sozial Engagierten nicht selten sind, in keiner Weise behinderten.
Nicht erspart geblieben ist ihm als dem Initiator des vor kurzem veröffentlichten Sozialhirtenbriefes der österreichischen Bischöfe, die offen gezeigte Enttäuschung über die Formulierungen des Grundtextes, der dem Hirtenwort vorausgegangen war. Erschütternd berichtete Bischof Maximilian Aichern, einer der.letzten Besucher, daß Summerauer den fertigen Sozialhirtenbrief noch am Krankenbett in Empfang nehmen, jedoch nicht mehr lesen konnte. Alle seine Freunde sind fest davon überzeugt, daß er dies inzwischen als Glied der „ecclesia triumphans" mit dem berechtigten Bewußtsein getan hat, an dessen Geist persönlich mitge.:. wirkt zu haben.
Der Autor, Nationalb????nkprasidentundFinanzminister a. D., ist Mitherausgeber der FURCHE.
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