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Einfach ein skandalöser Wahnsinn

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Nötig ist kein Krieg. Wenn man auf der Suche nach symbolstarken Steigerungen dennoch vom unnötigsten Krieg sprechen will, muß man dieses Prädikat dem argentinisch-britischen Schaf inselkrieg verleihen. Er ist ein skandalöser Wahnsinn.

Keine Frage: Das argentinische Generalsregime unter Leopoldo Galtieri hat nackte Aggression begangen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Aber Großbritannien hat in einer Weise reagiert, die es nicht schuldlos macht.

Das erste Reagieren bestand im Nichtreagieren: auf ernsthafte Signale nämlich, die auf die Aggression schon Tage vorher deutlich schließen ließen. Immerhin verhandelt London seit bald 17 Jahren mit Buenos Aires darüber, wie aus den Falkland-Inseln von Rechts wegen die Isias Malvinas hätten werden können.

Weder eine Labourregierung noch ein konservatives Kabinett nahmen die Verhandlungen ernst genug. Die Warnungen vor einer Invasion auch nicht. Als diese doch erfolgte, setzte die Regierungslady, deren Eisen in letzter Zeit Rost anzusetzen begonnen hatte, wie Schiller im „Ring des Polykrates" umgehend „der Schiffe mastenreichen Wald" in Bewegung.

Uber 70 Kriegs- und für Kriegszwecke umgerüstete Handelsschiffe dampften 1300 Kilometer weit dem Krieg um Pinguine, Seelöwen und nationale „Ehre" entgegen. Beide Staaten haben die chauvinistischen Leidenschaften ihrer Völker bis zur Siedehitze aufgepeitscht. Keiner weiß jetzt mehr, wie es ohne Schießen weitergehen könnte.

Wie hätte Großbritannien denn sonst auf die Aggression reagieren können? Nun, die Wirtschaftssanktionen, die die Europäische Gemeinschaft prompt verlängerte, treffen Argentinien mit 40 Millionen Dollar Verlust pro Tag hart und gerecht. Das und ein tägliches diplomatisches Drängen in der UNO hätte für den Anfang wohl gereicht. Später wäre wohl immer Zeit für schweres Geschütz gewesen.

Vielleicht wäre die UN-Vermittlung genauso steckengeblieben wie die des Außenministers der USA — es hätte freilich das nord-süd-amerikanische Verhältnis weniger belastet. Und das süd-amerikanische-westeuropäische auch: Ein Embargo ist diplomatisch und wirtschaftlich diskret reparierbar—die militärische und die durch sie bewirkte emotionelle Konfrontation aber hat eine 20jährige Partnerschaftspolitik an den Rand des Scheiterns gebracht.

Westeuropa steht vor Trümmern, desgleichen Nordamerika, und die Sowjetunion sucht via Kuba neue Chancen auf dem lateinamerikanischen Kontinent, den der Westen nicht und nicht verstehen lernt.

Und das alles, weil das Prestigeritual von Großstaaten selbst für die Nationalität von 60.000 Schafen keinen Ausweg außer Schießen findet.

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