6944549-1983_40_01.jpg
Digital In Arbeit

Es entsteht der nächste „Irrtum“

Werbung
Werbung
Werbung

Als sich das heurige Budgetdebakel abzuzeichnen begann, gerieten sich Finanzminister und Wirtschaftsforscher in die Haare. Nicht er, klingt noch Herbert Salchers Argument im Ohr, habe sich vertan, vielmehr hätten sich die Prognostiker geirrt. Und Altkanzler Bruno Kreisky hielt es mit dem alten Indianerhäuptling, der schon viele (Vorhersage-) Leichen den Fluß hinuntertreiben sah …

Das Budget 1984 ist noch nicht einmal vor gelegt — und schon muß man eine Neuauflage dieser lachhaften Diskussion im kommenden Sommer befürchten.

Zwar hat Saldier dem nächsten Haushaltsentwurf, das sei anerkannt, die vorerst pessimistischen Prognosen der Wirtschaftsentwicklung zugrunde gelegt, doch sind diese Eckdaten für das Budget aus dem Sommer schon vor der Budgetrede überholt.

Aber, das gilt es heute festzuhalten, nicht die Wirtschaftsforscher haben sich da geirrt. Sie konnten nur nicht ahnen, welche Maßnahmen die rot-blaue Koalitionsregierung plant und setzt.

Nun haben sie das Maßnahmenpaket durchgerechnet — und die Wirtschaftserwartungen haben sich verschlimmert. Erhoffte man bisher ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent, darf man jetzt nur mehr (optimistisch) mit einem halben Prozent rechnen. Statt 5,2 Prozent Arbeitslosigkeit sind nun 5,5 Prozent zu befürchten. Und die Inflationsrate wird gegenüber der Vorprognose um gut eineinhalb Prozentpunkte auf 5,3 Prozent klettern.

Kurzum: Das Budget baut auf Wirtschaftsbedingungen auf, die es selbst nachteilig verändert. Die Koalitionsparteien werden zwar in der herbstlichen Budgetdebatte alle Eide schwören, daß das Zahlenwerk trotzdem hält, doch schon ab Frühjahr wird man sich nur noch an vertrautes Vokabular halten: Das Budgetdefizit werde über 100 Milliarden Schilling steigen, weil sich — wie überraschend — die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegenüber den ursprünglichen Annahmen verschlechtert haben.

Verständlich, daß die Opposition dies kritisiert und damit gegen das Maßnahmenpaket argumentiert. Nur sollte ebenso nicht verschwiegen werden, daß auch drastische Sparmaßnahmen nicht ohne Rückwirkungen auf Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit geblieben wären.

Das Verschweigen wesentlicher Aspekte: Das bestimmt die politische Auseinandersetzung, auch die Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung.

Wirtschaftsprofessor Gerhard Seicht etwa findet die Logik, damit in Krisenbranchen anzufangen, begründet kraus: Denn das hieße, steht weniger Arbeitszeit für mehr Arbeitsplätze, zuvor die Zahl gefährdeter Arbeitsplätze zu vermehren.

Wo bleibt aber da — so wie bei den Budgetmaßnahmen — die echte Sorge um die Arbeitsplätze?

Bosnien

Als Österreich-Ungarn am 7. Oktober 1908 — vor 75 Jahren — die Annexion Bosniens und der Herzegowina bekanntgab, ratifizierte es einen Zustand, der bereits seit dem Berliner Kongreß 1878 praktisch bestand. Damals hatte die Türkei zugestehen müssen, daß Österreich die Verwaltung der stets unruhigen westlichsten Gebiete des Osmanischen Reichs übertragen wurde. Nach der Annexion erhielten sie Verfassung und Landtag.

Die Bosniaken zählten noch im Ersten Weltkrieg zu den loyalsten Truppen des Kaiserreichs, nach dessen Zusammenbruch sich ihr Land dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen anschloß. Mit seiner langen türkischen und kurzen österreichischen Tradition, mit seinem muslimischen Bevölkerungsanteil blieben Bosnien und die Herzegowina im jugoslawischen Königreich ebenso ein Fremdkörper wie im „Unabhängigen Staat Kroatien“, dem sie nach dem Untergang Jugoslawiens 1941 zugeschlagen wurden. So wurde Bosnien in den späteren Kriegsjahren zum Hauptschauplatz des Partisanenkriegs.

Aber noch vor wenigen Jahren konnten Touristen überall in Bosnien auf alte Männer stoßen, die nostalgisch schwärmten: „War ich Soldat unter Franz Joseph!"

FELIX GAMILLSCHEG

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung