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Freiraum für die Nachfahren

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Angesichts der fortschreitenden Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen erscheint eine laufende Neuorientierung geboten. Wissenschaft und Verwaltungspraxis können nur Entscheidungsgrundlagen liefern. Der politischen Willensbildung bleibt es vorbehalten, die Richtung zu bestimmen.

Mit dem Grundverkehrsgesetz wurde 1954 das Signal zum Schutz unseres unvermehrbaren Bodens gesetzt. Erwerb von Grundstük-ken war nur zu genehmigen, wenn nicht Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung das Interesse an der neuen Nutzung überwiegt.

Befaßt man sich heute mit Ökologie und Ökonomie, hat man es mit einer Reihe von Vorurteilen und Fehlmeinungen zu tun. Schon in den sechziger Jahren prallten die Meinungen aufeinander, als es galt, die Uferfreiheit am Bodensee und die Wegefreiheit im Gebirge zu verankern.

Ökologie und Ökonomie lassen sich nicht leicht harmonisieren. . Allerdings, sie sind auch nicht das feindliche Brüderpaar, als das sie häufig dargestellt werden.

Die wirtschaftliche und technische Entwicklung, die im Vergleich zu anderen Bundesländern enorm starke Zunahme der Bevölkerung und auch die Steigerung des Lebensstandards führten zu einer wohl einmaligen Umgestaltung der ursprünglichen Naturlandschaft wie auch der von der Landwirtschaft gestalteten Kulturlandschaft. Es wurde klar, daß nicht nur die Einzelschöpfungen der Natur schutzbedürftig sind, sondern die Landschaft als Ganzes. Am Beginn der siebziger Jahre stand plötzlich der Flächenschutz im Vordergrund. Durch das Raumplanungsgesetz wurden 1973 die Gemeinden verpflichtet, bindende Flächenwidmungspläne zu erstellen. Heute verfügen alle 96 Vorarlberger Gemeinden über rechtskräftige Flächenwidmungspläne. Mancher Grundbesitzer verspürte die Härte des Gesetzes, wenn sein Grundstück nicht mehr verbaut werden durfte.

Ebenso verhält es sich mit dem Landschaftsschutzgesetz. Eingriffe in die Landschaft, der Bau von Seilbahnen, Schipisten, Starkstromleitungen und größeren Objekten, wurden der Bewilligungspflicht unterstellt. Besonders hervorzuheben ist der Kiesabbau. Für ihn wurde nicht nur Bewilligungspflicht eingeführt„ sondern auch Besteuerung durch die Landschaftsschutzabgabe. Wer des Gewinnes wegen Veränderungen des Landschaftsbildes schafft, soll auch zur Erhaltung und Sanierung beitragen. Diese Mittel fließen einem Landschaftspflegefonds zu. Sie werden überwiegend zur Sanierung von Umweltschäden und zur Verbesserung der Umwelt verwendet.

Erwähnt werden muß der Vorarlberger Landschaftsschutzanwalt. Steiermark, Salzburg und Tirol verfügen zwar über eine ähnliche Einrichtung, nämlich sogenannte Umweltschutzbeauftragte. Diese sind zwar weisungsfrei gestellt, stehen jedoch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Der Vorarlberger Landschaftsschutzanwalt wird von den Naturschutzorganisationen bestellt. Damit ist völlige Unabhängigkeit gegenüber der Landesregierung sichergestellt.

Wir haben längst zur Kenntnis genommen, daß es Grenzen des Wachstums gibt, soziale Grenzen und ökologische. Wir müssen unseren Nachfahren Freiräume überlassen. Umwelt wie saubere Luft können wir nicht kaufen. Trotzdem müssen wir sie produzieren. Das Unternehmen, welches Filteranlagen einbaut, in gleicher Weise wie die politischen Willensbildner, welche den Einbau derartiger Anlagen verordnen oder fördern.

Oft wird vergessen, daß Umweltschutzinvestitionen vielfach zu Kostenersparnissen führen. Als Beispiel seien die Wärmerückgewinnungsanlagen genannt. Andere Investitionen erhöhen die Produktionskosten. Wenngleich grundsätzlich das Verursacherprinzip zu gelten hat, läßt sich dies nicht immer verwirklichen.

Daher hat die Landesregierung Richtlinien für die Gewährung von Beiträgen zur Luftreinhaltung beschlossen. Damit soll erreicht werden, daß Betriebe insbesondere ihre Heizungsanlagen auf Erdgas umstellen. Wir erhoffen uns damit eine weitere Reduzierung des Ausstoßes an Schwefeldioxid um 50 Prozent. In allernächster Zeit wird eine neue Luft-reinhalteverordnung beschlossen werden. Kernpunkt wird die ausschließliche Zulassung von Heizölen sein, deren Schwefelgehalt nicht mehr als 0,3 Gewichtsprozent beträgt.

Der Stellenwert der Umweltpolitik wird noch zunehmen. Es ist uns klar, daß wir Widerständen gegenüberstehen. Daher wird es notwendig sein, noch konkreter auf ökonomische und gesellschaftliche Interessenlagen einzugehen. Dabei wird man uns nicht am guten Willen, sondern an den Taten messen.

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