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Frontantrieb weltweit im Vormarsch?

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Es gibt grundsätzliche Fragen im Autobau, die seit seinen Anfängen, also seit rund einem Jahrhundert, diskutiert werden, etwa die der Motorart. Seinerzeit ging im Kampf zwischen Dampf-, Elektro- und Benzinauto letzteres als Sieger hervor, aber vielleicht wird sich bis zum Jahr 2000 der Spieß wieder zugunsten der Elektrizität gewendet haben. Auch die Frage, ob ein Wagen besser gezogen (Vorderradantrieb) oder geschoben werden soll (konventionelle Bauart oder Heckantrieb), ist so alt wie das Auto: Eines der ersten Fahrzeuge der österreichischen Monarchie, ein Graf & Stift, heute im Wiener Technischen Museum, hatte Frontantrieb, er setzte sich nicht durch, denn die damalige Technik konnte das schwierige Problem (Kraftübertragung durch die Vorderräder und gleichzeitig deren Lenkbarkeit) noch nicht befriedigend lösen. Jahrelang baute man daher nach der auch heute noch, stückzahlmäßig, überwiegenden Methode Motor vorn, Antrieb über Kardanwelle auf die Hinterräder oder nach dem Prinzip des Heckmotors, wie z. B. das meistgebaute Auto der Welt, der VW-Käfer. Die Blütezeit des Heckantriebs war nach dem Zweiten Weltkrieg.

In den frühen und späteren dreißiger Jahren aber begann sich der Frontantrieb bereits durchzusetzen: DKW, Adler-Trumpf, Stoewer in Deutschland, Citroen in Frankreich, Ford in den USA. Schon 1931 baute DKW, später von Audi übernommen, den Typ F-l als Großserienwagen und nach der Vereinigung der Autounion mit dem Volkswagenwerk kam dieses Konzept auch dort zum Durchbruch. Der größte Impuls in Richtung Frontantrieb ging allerdings von Alex Issigonis aus, der 1959 den Vorderradantrieb durch den quergestellten Motor revolutionierte und durch den so gewonnenen Platz seinen Kleinwagen Mini (British Ley-land) zu einem relativ äußerst geräumigen Fahrzeug machte. Ein so konzipierter Wagen ermöglicht beste Ausnützung des von Radstand und von der Spurweite bestimmten Bauraumes und ferner ist ein Achslastverhältnis gewährleistet, welches auch unter den ungünstigsten Verhältnissen für ausreichende Zugkraft sorgt.

Und damit sind wir bei den unbestrittenen Vorteilen des Frontantriebs: Großer Nutzraum für Insassen und Gepäck, weil keine störende Kardanwelle da ist, gute Richtungsstabilität, weü der Schwerpunkt weit vorn liegt, gutmütiges Eigenlenkverhalten in Kurven. Das Anfahren auf Steigungen - früher ein Problem - macht keine Schwierigkeiten mehr, seit der Motor weit vorgeschoben werden konnte, das Fahrverhalten im Winter wurde ebenfalls besser. Einziger Nachteil: Die hohe Vorderachslast, vorteilhaft für Richtungsstabilität und Zugkraft, erfordert größere Lenkkräfte, die allerdings durch höher untersetztes Lenkgetriebe einigermaßen kompensiert werden können. Zu kräftiges Gasgeben auf schlüpfrigem Boden führt zum Durchdrehen der Antriebsräder und zum momentanen Verlust der Seitenführungskräfte, also der Lenkfähigkeit.

Dagegen ist die Handhabung des Fronttrieblers besonders für den ungeübten Fahrer, etwa in zu schnell gefahrenen Kurven, leichter, denn ein Ausbrechen des Vorderteiles (Untersteuern) wird gefühlsmäßig durch größeren Radeinschlag in die Kurve ausgeglichen, beim, übersteuernden Heckantrieb muß der Fahrer „gegenlenken“, um das ausbrechende Heck zu zähmen. Man sieht, daß die Vorzüge des Frontantriebs seine durch den Fortschritt der Technik immer harmloser werdenden Schwächen bei weitem übertreffen. Die heutigen und ehemaligen Pioniere dieser Bauart, die Audi-Techniker, sagen mit Recht, der Vorderradantrieb sei nunmehr unaufhaltsam im Vormarsch, er erobert jetzt sogar auch höhere Leistungsklassen, wie z. B. den Lancia Gamma, Audi 100, Renault 30, Citroen CX und sogar der Oldsmobile Tornado zeigen und daher nimmt es nicht wunder, wenn fast alle Autofabriken am Frontantrieb arbeiten, auch die beiden Giganten General Motors und Ford, oder neuerdings Wagen dieser Bauart herausbringen wie Toyota, die damit nur anderen japanischen Marken folgen.

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