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Fukuda und der Protektionismus

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Der japanische Ministerpräsident Takeo Fukuda war schweren Herzens zur Gipfeltagung der führenden Industriemächte nach Bonn gegangen. Denn trotz aller Versprechungen, den gewaltigen Devisenüberschuß abzubauen, nahm dieser ständig zu. Betrug er 1974 noch kaum fünf Milliarden Dollar, wuchs er 1977 auf 14 Milliarden und wird in diesem Jahr voraussichtlich 23 Milliarden betragen.

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Der japanische Ministerpräsident Takeo Fukuda war schweren Herzens zur Gipfeltagung der führenden Industriemächte nach Bonn gegangen. Denn trotz aller Versprechungen, den gewaltigen Devisenüberschuß abzubauen, nahm dieser ständig zu. Betrug er 1974 noch kaum fünf Milliarden Dollar, wuchs er 1977 auf 14 Milliarden und wird in diesem Jahr voraussichtlich 23 Milliarden betragen.

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Die japanischen Erfolge in der Exportoffensive bedeuten den Verlust von Arbeitsplätzen und eine Existenzbedrohung für ganze Industriezweige in den anderfen Industrieländern. Kein Wunder, daß protektionistische Stimmen immer lauter wurden, vor allem, weil die Einfuhren nach Japan immer noch allen möglichen Beschränkungen unterworfen sind.

Zwar beschloß Japan im Juni die Tarife auf 124 Gegenstände zu reduzieren, doch machen diese Einfuhren höchstens zwei Milliarden aus. Selbst wenn Zölle reduziert werden, wenn

Japan in überaus zähen Verhandlungen zugesteht, ein paar tausend Tonnen mehr Rindfleisch, Milchprodukte und Grapefruits einzuführen, schlägt das kein Milliardenloch in den Devisenberg.

Vor der Bonner Konferenz kämpfte Fukudas Minister für Außenhandel, Ushiba, verbissen mit seinen durch und durch protektionistisch eingestellten Kollegen im Landwirtschaftsund im Industrieministerium, um Fukuda mit einem Paket glaubwürdiger Vorschläge nach Bonn reisen zu lassen. Ushiba, ein gewandter Diplomat und guter Kenner der Weltwirtschaft, besitzt aber keine Hausmacht in der Bürokratie und hält auch als einziges Mitglied des Kabinetts kein Parlamentsmandat. Er kämpft ganz allein gegen die merkantüistische Tradition eines Jahrhunderts.

Seine Vorschläge für Sondereinfuhren zur Reduktion des Devisenüberschusses sehen vor: Importe von 25 Großraumflugzeugen, wobei der europäische Airbus gut im Rennen liegt; neuen Jagdflugzeugen; dem hochqualifizierten Orionsystem zur U-Boot- Bekämpfung; Lagerung von Uran, öl und anderen Rohstoffen; Hüfe an Entwicklungsländer und Investitionen im Ausland.

Der einzige Erfolg, den Fukuda in Bonn glaubwürdig Vorbringen konnte,

ist die Möglichkeit eines Wirtschaftswachstums von sieben Prozent im laufenden Jahr. Die gewaltigen Investitionen der öffentlichen Hand (22 Milliarden Dollar für Straßen, Bahnen, Brücken, Hafenanlagen und Antipollutionsmaßnahmen, 10,5 Milliarden Dollar für eine halbe Million Wohnungen), beginnen die ersten Früchte zu tragen. Im ersten Quartal dieses Jahres zeigt die Wirtschaft ein Wachstum von 2,4 Prozent. Selbst wenn diese Rate im Laufe des Jahres sinken sollte scheint das von den Handelspartnern geforderte Wachstum von sieben Prozent durchaus möglich. Allerdings erklärte Industrieminister Komoto sofort nach Veröffentlichung der Bonner Beschlüsse, dazu müsse unbedingt im September in einer Sondersitzung des Parlaments ein Zusatzbudget für Investitionen der öffentlichen Hand verabschiedet werden.

In Japan zeigt man sich erfreut darüber, daß dem Premier in Bonn nicht die Leviten gelesen wurden. Was dessen Zusagen aber im Klartext bedeuten, ist ungewiß.

In Brüssel gab Fukuda vor Vertretern der EWG zu, daß Japan im Import von Industriegütern im Rückstand sei und versprach auch hier Korrekturen. Die Öffnung des japanischen Marktes, des drittgrößten der Welt, wird gewaltige Probleme bringen, die gerade in einem Wahljahr schwer zu lösen sind. Fukuda wird es sich nicht leisten können, die Bauern gegen sich aufzubringen, die das Stimmenreservoir für die Regierungspartei bilden und dafür mit Preisen belohnt werden, die weit über dem Weltmarkt liegen. Auf lange Sicht aber wird Japan die Opfer nicht länger den anderen allein zumuten können.

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