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US-Industrie unter Druck

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Amerikas industrieller Rückstand muß beendet werden, heißt es im vielbeachteten „Cuomo-Re-port“. Allerdings - die entscheidende Rolle soll dabei der Staat spielen.

Während der beiden Amtsperioden von Ronald Reagan hat es nicht weniger als 26 große Reports gegeben, in denen sich Experten mit der Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft der amerikanischen Industrie befaßten. Sie wiesen immer wieder auf die Innovationseuphorie des Auslandes und die damit verbundenen Gefahren für die USA als Industrienation hin - doch jeder dieser Reports

war schnell wieder vergessen. Bewegt hat keiner dieser Unkenrufe etwas.

Das könnte jetzt jedoch anders werden: Im „Cuomo Report: A New Formula f or a Strong American Economy“ wird sogar das Ende des freien Spiels der Kräfte gefordert und für Eingriffe der Regierung auf vielen wirtschaftlichen und industriellen Sektoren plädiert. Allein in dieser Hinsicht und durch diese ungewöhnliche Forderung unterscheidet sich der Report Cuomos - er ist Gouver-

neur von New York — von allen vorangegangenen Analysen und Empfehlungen vergleichbarer Gremien.

Die Washingtoner Bundesregierung müsse „die führende Rolle bei der Stärkung der amerikanischen Industrie“ spielen, heißt es. „Der nächste Präsident“, wird mit Blick auf die Novemberwahl gefordert, „muß dafür sorgen, daß Amerikas industrieller Rückstand beendet wird“; warnend wird sodann festgestellt: „Wenn die nationale Verschuldung wie bisher um jährlich elf Prozent steigt, wird Amerika um das Jahr 2000 wieder eine wirtschaftliche Kolonie sein - wie vor 212 Jahren.

Um das Budgetdefizit zu verringern, werden höhere Steuern und verringerte Ausgaben bei der Verteidigung und Streichung von Subventionen vor allem im landwirtschaftlichen Bereich angeraten. Der Ruf nach Regierungseingriffen wird mit der Forderung nach einem „positiven Regierungsstil“ umschrieben — aber sehr deutliche Formulierungen zeigen, was die Cuomo-Analyti-ker, darunter Professoren, wirklich wollen:

Industriezweige, die unter ausländischer Konkurrenz besonders leiden, müssen im Rahmen eines „Management-Gewerk-schafts-Regierungs-Konsens“ restrukturiert und gestärkt werden. Diese „Kooperation“ von Industrie, Regierungs- sowie Arbeitnehmerseite hat auch das Ziel, Importbarrieren zu errichten, vor allem gegen japanische und europäische Einfuhren. Damit soll das Außenhandelsdefizit gedrückt werden. 1960, so wird dazu in dem Report unterstrichen, produzierten die USA noch 29 Prozent aller von den führenden Industrienationen exportierten Güter — dieser Anteil war Anfang Juni 1987 schon auf unter 20 Prozent gesunken und ist seitdem weiter zurückgegangen. Die meisten Staaten, so wird auch betont, erhöhten während der achtziger Jahre ihre Exporte und verringerten gleichermaßen die Einfuhren — im Falle der USA war das Gegenteil der Fall. Japan wird gesondert behandelt: Zwischen 1980 und 1985 steigerte das Land seine Exporte um 35 Prozent,. verringerte die Einfuhren aber um acht Prozent -im gleichen Zeitraum aber seien Amerikas Exporte um drei Prozent gefallen, während die Importe um 41 Prozent zunahmen.

Japan und Europa, so eine Schlußfolgerung, müßten deshalb vom künftigen Präsidenten „unter Druck“ gesetzt werden, mit dem Ziel, „freiwillige Exportbeschränkungen“ einzugehen. Einzelheiten dazu sind nicht genannt, sollen neuen Regierungsinstitutionen — zehn dieser Art seien zu schaffen, heißt es — überlassen bleiben. Den Ökonomien Lateinamerikas müsse ebenfalls geholfen werden, und das mit dem Ziel, diese Länder wieder in die Lage zu versetzen, verstärkt Produkte aus den USA einzuführen.

Mit Sicherheit dürfte ein Präsident Bush derart weitgehende staatliche Eingriffe in die Ökonomie ablehnen. Ein Präsident Du-kakis dagegen neigt vielen — keineswegs allen — Thesen des Cuo-mo-Reports zu.

Die größere Gefahr, so urteilen europäische Beobachter der Szene in den USA, ist allerdings langfristiger Natur: Mario Cuomo dürfte binnen der nächsten vier oder acht Jahre selbst demokratischer Präsidentschaftskandidat werden oder werden wollen — und dann müssen die Partner der Vereinigten Staaten auf einiges gefaßt sein.

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