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Staat und Kirche in Spanien

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Uber die katholische Kirche Spaniens zu schreiben, ist ein mehrfach dorniges Problem. Einem nichtspanischen Katholiken entsteht vor allem die Gewissensfrage, ob es nicht vermessen von ihm ist, ein Gebiet zu behandeln, in dem er sich fremder fühlt, je tiefer er eindringt, ein Gebiet, in dem eigentlich nur eine berufene Stimme aus dem Klerus dieses Landes vor der Welt sowohl als auch im eigenen Volke Klarheit schaffen sollte. Was sich dem Katholiken hier, sei er Ausländer oder Spanier, gebieterisch aufdrängt, das sind die praktischen Auswirkungen der Theorie „Estado catölico“.

Daß die katholische Kirche Spaniens „anders“ ist, wußten wir aus der Lektüre spanischer Schriftsteller, aus spanischen Dramen und aus dem Studium der Geschichte. Die tatsächlichen Erscheinungen dieses Phänomens konnten wir uns aber nur schwer vorstellen. Aus diesem Grunde habe ich das Schwergewicht meiner Betrachtungen auf die Analyse dieser praktischen Auswirkungen gelegt.

Ich fürchte nur, daß an einigen Stellen nicht genügend zum Ausdruck kommt, daß gerade die Kirche bei gewissen Gelegenheiten diejenige Kraft ist, die dem Staat widerstrebt. Es ist aber so, daß auch dem spanischen Gläubigen dieses Widerstreben oder die Tiefe bestehender Divergenzen nicht deutlich genug zum Bewußtsein gebracht werden.

Der Verfasser dieser Zeilen hat jeweils Jahre in der Tschechoslowakei, in Deutschland, Polen, Ungarn und Italien gelebt. In der Vielheit und Verschiedenheit der Eindrücke in diesen Ländern blieb ein ruhender Pol: das Erlebnis des Katholizismus. Der Jüngling und Mann, dem es beschieden war, die Auswirkungen oft so widerstreitender nationaler Geistesströmungen zu erleben, zu vergleichen und zu beurteilen, empfand es in der Tat glückhaft, daß über all dem Trennenden zwischen einander räumlich doch so nahen Völkern e i n Band sie umschlang, das ihnen etwas Gemeinsames gab: das Band, das Katholiken sich mit Katholiken eins fühlen läßt, gleich, welche Sprache sie sprechen, gleich, welches politische Kredo sie bekennen. Es ist dies wohl das erhebendste Erlebnis für einen Katholiken, sich fern der Heimat mit Menschen zu treffen, mit denen er sich eins weiß im gemeinsamen und gemeinsam verstandenen Glauben.

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