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Golf krieg: Skepsis darf uns nicht blind machen

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In vielen Fällen zeigte sich die Völkergemeinschaft unentschlossen, gegen Diktatoren aufzutreten. Das ist zwar bedauerlich, erklärt jedoch nicht die gegenwärtige Situation. Anders als das Regime eines Pinochet oder eines Marcos ist der Irak eine expansive Diktatur, die Nachbarländer überfallen hat. Diese Aggression stützt sich auf zivilen und ökologischen Terror und Massenvernichtungswaffen.

Wir lassen uns nicht auf die auch uns wenig glaubwürdig erscheinende Argumentation der USA ein, diesen Krieg nur um der Gerechtigkeit willen und ausschließlich aus idealistischen Gründen zu führen. Natürlich spielt eine Menge anderer Gründe eine Rolle. Das ist jedoch jetzt nicht das Entscheidende. Auch der Krieg gegen Hitler wurde von den damaligen Alliierten natürlich nicht ausschließlich aus idealistischen Gründen geführt mit der Absicht, demokratische Verhältnisse herzustellen. Kein Staat führt einen Krieg und mutet seiner Bevölkerung diese Opfer aus reinem Idealismus zu. Diese Skepsis darf uns jedoch nicht blind gegenüber den Vorgängen am Golf machen.

Es gibt keinen gerechten Krieg, aber dieser ist notwendig. Wir sind für diesen Krieg als notwendige und unvermeidliche Reaktion der Völkergemeinschaft auf einen klaren

Rechtsbruch. Diese Ansicht mag unmoralischerscheinen, aber ebenso wie Politik ohne Moral sehr leicht zum Verbrechen wird, wird Moral ohne politische Vernunft und politisches Kalkül zum Unrecht.

Auch Pazifismus kann zum Selbstzweck werden und in letzter Konsequenz höchst unmoralisch sein, weil er Verbrechen nicht verhindert. Diese neu entstandene Friedensbewegung darf sich ihrer sozialen und politischen Verantwortlichkeit nicht entziehen. Da diese neue Friedensbewegung gegenüber den Massenverbrechen Saddam Husseins weitgehend geschwiegen hat, ist sie für uns unglaubwürdig.

Um es klar auszusprechen: Der Frieden wurde nicht am 17. Jänner 1991 von den Alliierten gebrochen, sondern von Saddam Hussein am 2. August 1990. Äquidistanz zu beiden Kriegsparteien drückt daher nur moralische Vergeßlichkeit aus. Vergeßlichkeit wird sehr schnell zur Mitschuld am Unrecht. Leider zeichnen sich die Friedensbewegungen generell durch diese Vergeßlichkeit aus.

Der Überfall auf Kuweit ist ein Völkerrechtsbruch. Wenn sich die Völkergemeinschaft endlich zu durchsetzbaren Normen durchringen will, kann sie diese Rechtsverletzung nicht akzeptieren. Die Vereinten Nationen haben diesen Krieg

Die unmittelbaren Zeitgenossen eines „Diktators in seinen Anfängen” haben jeweils die Alternative zwischen dem „vernünftigen Opportunismus” und längst zeitlos gültigen moralischen Grundwerten. Das Akzeptieren eines Aggressors reduziert zweifellos für den Augenblick die Anzahl der Toten, weil vorerst „nur” jene sterben müssen, die die Schergen des Gewalttäters grausam umbringen...

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