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Hauptgebot Sparsamkeit

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Hilflos starren viele auf die wachsende Umweltbedrohung. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sollten endlich etwas tun! Doch geht uns Umweltsanierung nicht alle an?

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Hilflos starren viele auf die wachsende Umweltbedrohung. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sollten endlich etwas tun! Doch geht uns Umweltsanierung nicht alle an?

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Sparsamkeit ist in allen Bereichen des täglichen Lebens sinnvoll. Damit ist nicht gemeint, daß wir noch mehr als bisher „aufs Geld schauen“ sollen. Vielmehr wird jeder, der sich mit den Möglichkeiten eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Schöpfung befaßt, rasch erkennen, daß nahezu überall „weniger besser ist“.

Es ist gut, sparsam mit Putzmitteln und Chemikalien jeder Art umzugehen; es ist gut, Energie zu sparen; es ist gut, Müllaufkommen zu vermeiden; es ist gut, weniger als bisher mit dem Auto zu fahren...

Wer also einen einfachen Schlüssel zur Bewältigung der Umweltprobleme sucht, wird nur einen einzigen finden: die Sparsamkeit. Sie schenkt uns Freiheit, Freiheit von den Zwängen der Konsum- und Wohlstandswelt, vom Druck, viel Geld verdienen zu müssen.

• Wir müssen mehr Kenntnisse über den Zusammenhang zwisehen Lebensweise und Umwelt-krise gewinnen. Das wiederum erfordert die Bereitschaft, zunächst einmal zu erkennen, daß und wie unsere Art zu leben die Schöpfung zerstört. Es betrifft nicht nur die großen Zusammenhänge, sondern ebenso die „kleinen“: Wie wirken Tenside und Phosphate in Waschmitteln? Wie wirkt ein Liter Speiseöl, den ich ins Klo schütte?

• Verantwortung heißt auch, Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen. Wer weiß, daß es vielfach umweltfreundliche Produkte gerade nicht im Supermarkt um die Ecke gibt, wird sich einen Bio-Laden oder ähnliches suchen müssen; das wird mit längeren Wegen verbunden sein.

Wer weiß, wie sehr das eigene Auto die Umwelt belastet, wird zumindest zunächst nur widerstrebend ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen. Unbequemlichkeiten überall — und das in einer Zeit, wo Bequemlichkeit als „Wert“ ganz oben rangiert! • Es braucht auch mehr Zeitaufwand für Alltagsverrichtungen. Das folgt „logisch“ aus dem eben Gesagten. Kenntnisse sammeln, längere Wege auf sich nehmen bedeutet auch: mehr Zeit aufwenden. Bisher war unsere Haltung zu Haushalts- und Alltagsverrichtungen davon geprägt, ihnen möglichst wenig Platz und Zeit in unserem Leben einzuräumen.

Das Notwendigste schien uns der Beachtung nicht wert. Und indem Industrie und Werbung uns überzeugend glauben machten, sie hätten die richtigen Allzweckmittel für uns be*reit, schien die Welt für uns in Ordnung zu sein. Die Krise unserer Zeit hat diese Illusion zerstört.

• Es gibt keine Superallzwecklösungen. Es darf sie auch nicht geben. Denn die Ideologie von der problemlosen „Erledigung“ des Notwendigen lebt von der Entwertung des Notwendigen, von der Suggestion, das Alltägliche se das Vernachlässigbare. Diese Fehleinschätzung rächt sich in der Umweltkrise.

Auch in der Umweltdiskussion wird immer nach der probaten verläßlichen Alternative gerufen. Abgesehen davon, daß auch die Entwicklung brauchbarer Alternativen Zeit braucht, steckt dahinter der Ruf nach Bequemlichkeit und Leichtigkeit, der die Schöpfung und ihre Bedürfnisse einfach nicht ernst nehmen will.

• Bereit sein, in Einzelfällen mehr Geld als bisher auszugeben: Solche Sätze hören wir ungern. Umweltfreundliche Waschmittel etwa kosten einfach mehr. Aber aufgepaßt: Vor allem bei Waschmitteln liegt die notwendige Dosierung fast immer deutlich unter der herkömmlicher Waschmittel: Auf diese Weise können sie durchaus billiger sein.

Und außerdem: Kommt gestiegene Verantwortlichkeit nicht auch darin zum Ausdruck, daß wir Opfer bringen können? • Fördern wir das Kleine, begrenzen wir das Große. Unsere Zeit hat einen deutlichen Zug zur Gigantomanie: große Kraftwerke, Industrieanlagen, Supermärkte, Autobahnen symbolisieren für uns Macht, Wohlstand, Sicherheit und Selbstbewußtsein.

Die Vielfalt verschwindet

Das Große hat etwas Verschlingendes, Vereinnahmendes, etwas Totalitäres an sich. Weltweit verschwindet daher die Vielfalt kultureller Eigenständigkeit (nicht zuletzt auch durch den Massentourismus), die Vielfalt der Lebewesen. Kleines (kleine Geschäfte, kleine Betriebe, Bergbauern...) hält der Konkurrenz nicht stand. Dabei ist es jenes Kleine, das Uberschaubarkeit und Verant-wortbarkeit, Verbundenheit, Lebendigkeit und Menschlichkeit erst ermöglicht.

Fördern wir deshalb den Greißler ums Eck, den Bio-Laden ein paar Straßen weiter, das Spielwarengeschäft mit handgefertigtem Holzspielzeug. Fördern wir das (bedrohte) Einmalige, Persönliche, die bedrohte ethnische Minderheit, die bedrohte Tier- und Pflanzenart - ehe sie vom Großen und Mächtigen erstickt werden.

Auszug aus „Schöpfung bewahren“, Sonderheft Nr. 14 „Dialconische Information“.

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