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Hua zieht die Schraube an
In einer Rekordzeit von acht Monaten wurde auf dem großen Platz, wo das kommunistische Regime seine Kulte zu feiern pflegt, das riesige Mausoleum für Mao Tse-tung errichtet. In der gleichen Zeit mühte sich sein Nachfolger Hua Kuo-feng mit den ihn stützenden Nordgenerälen, seine Macht zu konsolidieren und eine neue Wirtschaftspolitik, die China bis Ende des Jahrhunderts in eine führende Industriemacht verwandeln sollte, durchzusetzen. Diese Politik wird zwar mit Maos Sprüchen untermauert, doch wirft sie wesentliche Lehren des Großen Vorsitzenden über Bord. Auf der Tatsching-Konferenz verlangte der oberste Planer Yu Tschiu-li eine Verstärkung des Managements in den Fabriken, um einen weitverbreiteten Mangel an Disziplin und „Uberdemokratisierung” zu überwinden. Er kündigte die Überprüfung der Lohnskalen, die seit 1960 kaum verbessert wurden, an, um durch eine Bindung an Leistung Anreiz zu bieten für die dringend nötige Produktionssteigerung.
Damit wird ein Grunddogma Maos aufgegeben: DeF Glaube^an den neuen Menschen, der selbstlos im Dienste der Gemeinschaft auf das Gewinnmotiv verzichtet und sich mit dem Existenzminimum begnügt. Der Sturz dėr verhaßten Schanghaier Mafia, die sich, nicht ganz zu Unrecht, als die Paladine eines reinen Maoismus ausgaben, weckte in den gedrückten Massen Hoffnungen auf eine Besserung der Lebensverhältnisse, die das neue Regime bisher nicht erfüllt hat. Deshalb zeigt sich überall Widerstand. Aus den südlichen Provinzen kommen laufend Nachrichten nach Hongkong über Streiks, laxe Arbeitsdiziplin, Sabotage an Eisenbahnanlagen und Stahlwerken (aus Kweiyang), Diebstahl, Marktspekulation, Disziplinverletzungen.
In den letzten Monaten trat daher immer deutlicher zu Tage, daß die Armee die eigentliche Macht im Staat darstellt und die innere Sicherheit garantiert. Die wichtigste Rede auf der Tatsching-Konferenz hielt der Verteidigungsminister Marschall Yeh Tschien-ying, heute wahrscheinlich der mächtigste Mann im Lande.
Im Juni wurden die Führungsspitze in Armee und Partei in den Provinzen Kansu, wo sich die wichtigsten Atomanlagen befinden, und Anhui, dem Hinterland des imruhigen Schanghai, abgesetzt unter Anschuldigung der Komplizenschaft mit der Schanghaier Mafia. Die Zentrale in Peking fühlt sich nun stark genug, um in absehbarer Zeit zwei wichtige Ziele zu verwirklichen: die Ankurbelung der Wirtschaft, die Abhaltung des Nationalen Volkskongresses und des Parteikongresses. Die großen Umwälzungen seit Oktober bedürfen der Sanktionierung durch die obersten Gremien in Staat und Partei.
Gleichzeitig wird der Staatssicherheitsapparat, der in zehn Jahren Kulturrevolution gelitten hat, verstärkt. Die Forderungen der Tatsching-Konferenz zeigen klar, daß die Führung heute Disziplin, Leistung, Produktion an erster Stelle betont und dafür die romantische Revolutionsideologie Maos zu opfern gewillt ist. Sie ist aber auch bereit, ihrem Programm mit allen Machtmitteln des totalitären Staates Nachdruck zu verleihen. Hua zieht die Schraube an
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