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Parteikongreß liquidierte die Kulturrevolution

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Vom 12. bis zum 18. August tagte in Peking der 11. Kongreß der Kommunistischen Partei Chinas. Wie üblich, wurde diese Tatsache erst nach dem Abschluß der Tagung bekannt gegeben. Der KPC obliegt die Verantwortung für die Führung der Staatsgeschäfte. Der Parteikongreß ist deshalb die oberste Entscheidungsinstanz der Volksrepublik.

Hua Kuo-feng wurde als Parteipräsident bestätigt und führte Vorsitz. Er hielt auch die vierstündige Programmrede, in der er sich, wie erwartet, zum Marxismus und Maoismus bekannte, und Maos Sicht übernahm, die Welt sei heute in drei Gruppen gespalten: die beiden Supermächte, die industrialisierten, und schließlich die unterentwickelten Länder, als deren Vorkämpfer sich China fühlt Von den Supermächten drohe Krieg, besonders von der Sowjetunion. Für China habe der Sturz der Radikalen das Ende der elfjährigen Kulturrevolution gebracht. Eine neue Ära der Stabilität soll die vier Modernisierungen, die Tschou En-lai beim letzten Kongreß auf die Fahne schrieb, noch in diesem Jahrhundert ermöglichen.

Die vier Vizevorsitzenden verdienen Beachtung, weil sie nach dem Kongreß die gleiche Funktion in der Parteileitung ausüben werden: Der Verteidigungsminister Yeh Tschien-ying schlug die Revision der Parteisatzungen vor, Teng Hsiao-ping hielt die Schlußansprache, Li Hsien-nien ist der Wirtschaftsdiktator, Wang Tung- hsing trat erstmals als Spitzenmann in Erscheinung. Dieses Quintett büdet den Ständigen Ausschuß des Politbüros und ist daher das innerste Zentrum der Macht in Partei, Staat und Armee. Wang rückte vom 8. Platz in der Hierarchie auf den 5. vor, weü er in der kritischen Nacht des 7. Oktobers 1976 sich auf seiten Huas schlug und die Verhaftung der Witwe Maos und ihres Anhangs vomahm. Seit dem Höhlenleben in Yenan während des Zweiten

Weltkrieges hatte er Maos Leibwache befehligt und war von ihm mit der Bekämpfung der Widerständler in Partei und Armee beauftragt gewesen. In Peking stand das Garderegiment unter seinem Befehl. Seit 1973 ist er einer der Direktoren des ZK.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Kongresses war die Neuwahl des PB, das durch Tod und Säuberungen auf feist die Hälfte zusammengeschrumpft war. Das neue PB zählt 23 Vollmitglieder und drei Kandidaten. Die neuen Mitglieder fallen mehr durch administrative Talente als durch ideologischen Eifer auf. Nur Keng Piao gilt als berufsmäßiger Ideologe, Fan Yi ist Wissenschaftsminister und Chef der Akademie der Wissenschaften, Yu Tschiu-li ist Planungsexperte und hielt ein wichtiges Referat an der Tat- sching-Konferenz. Nicht weniger als 11 Mitglieder kommen aus den Streitkräften.

Ausgebootet wurde nach Tschiang Tsching auch die einzige verbliebene Frau, die Fabriksarbeiterin Kuei hsien aus Schensi. An ihre Stelle trat Tschen Mu-hua, die Ministerin für Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland.

Man erkennt in dieser Neuorganisation der Führungsspitze die Handschrift Tengs, der durch eine gewaltige Kraftanstrengung China noch in diesem Jahrhundert zu einem modernen Industriestaat umbauen will. Dafür verlangt er Disziplin und Ordnung im Innern, ist aber bereit, Leistungen auch entsprechend zu belohnen. Das Schulwesen wird reorganisiert werden müssen. An Stelle des Landdienstes werden wieder die Leistungen im Klassenzimmer zählen. China wird einen großen Bedarf an Importgütern, vor allem an Industrieanlagen, anmelden und die dafür notwendigen Kredite suchen. Die Armee aber ist heute der eigentliche Garant der inneren Stabilität. Der Krater der Revolution hat sich geschlossen.

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