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Ist eine Burg bloß „private Liebhaberei“?
Denkmalschutz an einem Objekt bedeutet für den Besitzer eine wesentliche Einschränkung der Dispositionsmöglichkeiten. Nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten disponieren zu können — das muß zu Problemen führen und früher oder später das Ende bedeuten, wenn staatlicherseits nicht entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Effektiver Denkmalschutz erfordert also ein enges Zusammenwirken von Kultur, Wirtschaft und Finanzen.
Die österreichische Realität ist anders, rfrer wird Denkmalschutz als eine mehr oder weniger ausschließliche Sache des Bundes-denkmalamtes gesehen. Wirtschaftsministerium und Finanzministerium halten sich abseits.
Burgen und Schlösser bringen keinen wirtschaftlichen Ertrag und werden es wegen ihrer spezifischen Gegebenheiten wohl auch nie tun können. Damit sind sie nach österreichischem Finanzrecht eine private Liebhaberei“, und Liebhabereien braucht der Staat nicht zu unterstützen - im Gegenteil. Kein Politiker findet etwas Befremdliches daran, daß in den Fällen, wo für konservatorische Maßnahmen eine Subvention gegeben wird, der Staat in der Regel einen höheren Betrag an Mehrwertsteuer kassiert, als er an Subvention erteilt. Auf diese Weise bekommt das Wort Subvention einen bitteren Beigeschmack.
Anders verhält es sich in den meisten übrigen westeuropäi-
schen Staaten. Dort hat Denkmalschutz eine viel breitere politische Grundlage. Man erkennt seit einigen Jahren, daß die Erhaltung der historischen Bauten ein gesamtstaatliches Interesse der Gegenwart darstellt. Daher hat diesen Bauten nicht nur eine’ konservatorische Behörde das Augenmerk zu schenken, sondern die gesamte Wirtschaft und der Finanzminister. Man hat erkannt, daß historische Bauten entscheidend sind für die Identität und das Selbstbewußtsein des Staates und sei-.ner Bürger. Die historischen Bauten bringen also etwas - nicht nur touristisch -, und dieser immaterielle Ertrag wird wie ein wirtschaftlicher anerkannt. Demgemäß geht der allgemeine
Trend in Richtung Gleichbehandlung mit den Wirtschaftsgütern, das heißt: Absetzbarkeit der Instandhaltungskosten und Entlastung bei der Mehrwertsteuer. Dies unter Beibehaltung der Subventionen, die immer unverzichtbar bleiben werden. In vielen Staaten der Europäischen Gemeinschaft hat diese Entwicklung bereits einen Stand erreicht, von dem man in Österreich nicht einmal träumen kann.
Was nun die Erhaltung der Burgen und Schlösser in Österreich betrifft, zeigt ein flüchtiger Blick über das Land mehrheitlich einen^ Bauzustand, der keinen Anlaß zu größerer Sorge gibt. Das ist sehr erfreulich und zeugt von viel Initiative und Opferbereitschaft der Eigentümer sowie von einer großen Leistung der Öenkmalbehör-de. Auch die Bundesländer haben im Zusammenhang mit ihren Landesausstellungen dankenswerterweise einzelne große Restaurierungen durchgeführt.
Aber dieser erste Eindruck einer ziemlich heilen Welt ist trügerisch. Eine große Anzahl von Objekten ist kaum länger zu erhalten. Ständig müssen Verluste an historischer Bausubstanz hinge-
nommen werden. Selbst jene Burgen und Schlösser, die heute in einem guten Zustand sind, konnten nur durch eine ganz außerordentliche Anstrengung während der letzten Jahrzehnte soweit gebracht werden — durch eine Anstrengung, die nicht beliebig wiederholbar oder fortsetzbar ist.
Häufig konnte das Ziel nur durch beträchtliche Grundverkäufe erreicht werden. Auch die steuerliche Situation ist heute viel härter geworden, bedenkt man allein die enorme Steigerung der Umsatzsteuer und die immer strengere Handhabung der „Liebhaberei-Praxis“. Die Schäden durch Umweltverschmutzung bilden eine neue und zusätzliche Belastung. Wo mit den Objekten noch Vermögen verbunden ist, wird dieses mit jedem Generationswechsel durch Erbteilung dezimiert.
Und dennoch: Österreich glaubt es sich immer noch leisten zu können, seine Burgen und Schlösser als „private Liebhabereien“ zu diskriminieren! Die Zukunft wird schwierig werden.
Der Autor ist Präsident des österreichischen Burgenvereins.
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