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Jedem Kantöndien sein Explosiönchen

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„Die Schwarzen machen es auch nicht besser”, das ist der deprimierende Eindruck, den man von den bisher bekanntgewordenen Budgetvorschlägen der Bundesländer für 1975 gewinnt: Ob schwarz oder rot, der saloppe Androsch-Stil macht Mode. Ob Oberösterreich oder Kärnten, ob Salzburg oder Tirol, sie alle haben es darauf angelegt, der Explosion im Bundesgebiet auch ihre Miniexplosionen folgen zu lassen — die im übrigen schon ein recht gehöriges Kaliber erreicht haben. Wenn etwa der oberösterreichische Etat an die 10-Milliarden-Grenze herankommt, so ist dies keine Bagatelle mehr, sondern durchaus relevant für die Währungsentwicklung.

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„Die Schwarzen machen es auch nicht besser”, das ist der deprimierende Eindruck, den man von den bisher bekanntgewordenen Budgetvorschlägen der Bundesländer für 1975 gewinnt: Ob schwarz oder rot, der saloppe Androsch-Stil macht Mode. Ob Oberösterreich oder Kärnten, ob Salzburg oder Tirol, sie alle haben es darauf angelegt, der Explosion im Bundesgebiet auch ihre Miniexplosionen folgen zu lassen — die im übrigen schon ein recht gehöriges Kaliber erreicht haben. Wenn etwa der oberösterreichische Etat an die 10-Milliarden-Grenze herankommt, so ist dies keine Bagatelle mehr, sondern durchaus relevant für die Währungsentwicklung.

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Die Ausgabensteigerungen können sich dabei durchaus mit denen des Bundes messen, ja übertrumpfen diese sogar. So etwa sieht der Tiroler Etat eine Zunahme der Ausgaben gegenüber 1974 von 18,8 Prozent vor, wobei allein der Schuldendienst schon zirka 207 Millionen betragen wird. Kärnten wird eine neue Landesanleihe im Gesamtnominale von 250 Millionen Schilling auf- legen. Gewiß, der Zweck ist edel: Investitionsmaßnahmen auf dem Gebiet der Seenreinhaltung. Das Malheur ist nur, daß so viel Unnötiges aus dem ordentlichen Budget gedeckt wird, so daß für das Notwendige nur mehr die Finanzierung über den Kapitalmarkt übrig bleibt, die Länder sich noch mehr als bisher verschulden müssen.

Da ist das oberösterreichische Budget: es wird dort im nächsten Jahr eine „Konjunkturaktivierungsquote” geben. Nun wissen wir aus den Erfahrungen mit dem Bundesbudget in diesem Jahr, WEIS es mit Quoten dieser Art auf sich hat; sie dienen nur dazu, die Ausgabenzuwachsrate gegenüber dem Vorjahr im Voranschlag zu verschleiern und werden ohne Rücksicht auf die ökonomische Situation im ungeeignetsten Moment aktiviert.

Dabei sind die offiziellen Etats nur die Spitze des Eisbergs: der Unfug der Sonderfinanzierungen gewisser Projekte über Sondergesellschaften, deren Ausgaben in den Landesbudgets zwar nicht aufscheinen, deren Finanzbedarf aber dieses belastet, und durch welche außerdem die Inflation neue Nahrung bekommt, nimmt zu.

Während die ÖVP-Bundespartei- leitung finanzpolitische Abstinenz predigt, lassen sich die Landesflnanz- gewaltigen von ihren roten Kollegen nicht lumpen und halten bei der Ausgabenlizitation kräftig mit.

Natürlich darf man das Dilemma der „Landesfürsten” nicht übersehen: Die Bevölkerung ist zwar prinzipiell für ein sparsames Budget, aber was am Wahltag zählt, ist die Zahl der realisierten Projekte. Die Prinzipientreue der schwarzen Landeshauptleute wäre überfordert, wollte man von ihnen verlangen, die kostspieligen, aber publikumswirksamen Ak tivitäten den roten Ländern zu überlassen und dem eigenen Land eine währungsstabilisierende Budget- Diät aufzuerlegen, um damit das Gegengewicht für die inflationistische Spendierhosen-Politik von Bund und roten Ländern zu schaffen.

Mit Recht wird aber von Währungspolitikern betont, man dürfe nicht nur auf den Bund allein schauen, sondern müsse die inflationstreibende Ausgabenpolitik von Ländern und Gemeinden aufs Korn neh men. Allerdings werden „Empfehlungen” zur Sparsamkeit nur dann den entsprechenden Effekt haben, wenn der eine Landeshauptmann oder Bürgermeister die Garantie hat, daß sich der andere ebenfalls daran halten wird.

Es bleibt also gar nichts anderes übrig, als vom Bund aus — sei es durch sanften Zwang und Hilfe der gesetzlichen Möglichkeiten, sei es durch einen Akkord auf freiwüliger Basis — verbindliche Direktiven für die Budgets der Länder zu schaffen. Nur wenn alle Gebietskörperschaften gleichermaßen zur Sparsamkeit verpflichtet sind, besteht die Hoffnung, daß tatsächlich gespart wird.

Wenig überzeugend klingt es, wenn der Finanaminister über die Ausgabenfreudigkeit der Gebietskörperschaften beredte Klage führt und dann nicht einmal imstande ist, die Landes- und Gemeindechefs der eigenen Couleur an die Kandare zu nehmen, abgesehen daivon, daß er selbst mit schlechtem Beispiel vorangeht. Um so weniger ist es dann von den der Opposition angehörigen Mehrheiten in Gebietskörperschaften zu erwarten, daß ihnen der Bundesrock näher ist als das Landesoder Gemeindehemd.

Allerdings werden wir uns den Gebietskörperschaftsegoismus auf die Dauer nicht leisten können. Der Schweizer Kantönligeist sollte uns eine Warnung sein, dehn dieser trägt die Hauptschuld daran, daß der einst notorisch stabile Schweizer Franken heute so beachtliche Inflationsraten erreicht — wozu freilich zu bemerken ist, daß die Finanzhoheit der Kantone noch viel weiter geht als die unserer Bundesländer.

Wenn aber auch das prinzipielle Streben der Hauptleute nach „Leistungen” für ihr Bundesland angesichts der konfusen Gesamtsituation und des schwarz-roten Konkurrenzverhältnisses noch verständlich ist, solange ei sich um die Erfüllung substantieller Anliegen handelt, bei reinen Imponierausgaben hört das Verständnis auf. Wenn etwa die Olympia-Schanze auf dem Bergisel aus dem Jahr 1964 nun um einen zweistelligen Millionenbetrag total umgebaut und mit allerlei sündteu- ren Mätzchen mechanisiert wird, so ist dies — wenn auch in kleinerem Format — nahezu eine so provokante Verschwendung. Hier könnte bei allem Streben nach einer Erfolgsbilanz etwas kritisches Nachdenken einsetzen. Wer nämlich die Bilanz überzieht, der könnte leicht ins Popularitätsdefizit geraten — ein Problem, mit dem sich heute bereits die TTNO-Citv-iRaiier konfrontiert sehen.

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