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Kommunionempfang ja — Beichte nein?

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Fastenzeit - Zeit der Buße und Umkehr, der Auseinandersetzung mit Sünde und Schuld. Die Beichte als Sakrament der Versöhnung soll und kann dabei wertvolle Hilfe sein.

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Fastenzeit - Zeit der Buße und Umkehr, der Auseinandersetzung mit Sünde und Schuld. Die Beichte als Sakrament der Versöhnung soll und kann dabei wertvolle Hilfe sein.

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In letzter Zeit hat die Häufigkeit des Kommunionempfanges sehr stark zugenommen. Bei Begräbnismessen, bei Trauungen, bei Jugendmessen, bei Eucharistiefeiern aus anderen Anlässen, aber auch bei den regelmäßigen Sonntagsgottesdiensten gehen sehr viele oft reihenweise zur Kommunion. Zu Recht fragen deshalb Laien und Priester:

Ist dies eine bewußte Teilnahme an der Gemeinschaft der Kirche, ist dies ein würdiges Empfangen des Herrenleibes? Oder gehen vie-

le, weil man eben geht? Glauben alle, die zur Kommunion gehen, daß das, was sie empfangen, nicht nur ein Stück Brot ist oder ein anderes heiliges Zeichen? Werden sich die Feiernden bewußt, daß sie in der Kommunion Christus selbst empfangen?

Zum würdigen Empfang der heiligen Kommunion gehört eine große Ehrfurcht vor dem Heiligen, eine gewisse heilige Scheu vor der kostbarsten Gabe der Welt. Darum muß jeder Gläubige sich prüfen, ob er würdig ist. Denn ohne Prüfung des Gewissens, ohne sorgfältige Vorbereitung die Kommunion zu empfangen, hat schwere Folgen. Es schreibt ja schon Paulus den Korinthern: „Wer also unwürdig von dem Brot ißt und aus dem Kelch trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er vom Brot des Herrn essen und aus dem Kelch des Herrn trinken“ (1 Kor 11,27-28). Unwürdig Kommunizieren heißt auch gegen die Gemeinschaft der Getauften verstoßen, durch die wir seit der Taufe verbunden sind.

Darum ist es notwendig, sich vor der Eucharistiefeier zu bekehren. Jeder muß sich also fragen, ob er würdig ist, den Herrenleib zu empfangen. Denn wer „unwürdig von dem Brot ißt“, macht sich schuldig. Die Frage ist nun: Wann ist jemand unwürdig? Wenn er schwer gesündigt hat, ist dies eindeutig. Was aber ist, wenn jemand gedankenlos zur Kommunion geht? Oder wie ist es, wenn die Gemeinschaft Anstoß nimmt?

Da die Eucharistiefeier immer eine Feier einer Gemeinschaft ist.

ist es auch wichtig zu prüfen, wie der einzelne in der Gemeinschaft der Kirche steht. Und zwar muß jeder überlegen, ob von seiten der Gemeinschaft sein Verhalten akzeptiert wird, oder ob daran Anstoß genommen wird. Es könnte ja sein, daß von den anderen Mitfeiernden der Mangel an christlicher Lebenshaltung beanstandet wird. Darf jemand dann ohne weiteres kommunizieren? Gilt hier nicht das Wort Jesu aus der Bergpredigt: „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, daß ein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gaben.“ (Mt 5,23f)

Nun läßt sich aber die Frage eines würdigen Kommunionempfanges nicht so leicht beurteilen. Es gibt ja auch heute noch den „gläubigen Zöllner“ und den „ungläubigen Frommen“. In jeder Gemeinschaft und in jedem einzelnen finden sich diese Gestalten als Haltungen. Und den Gläubigen zu sagen, sie müssen vor dem Kommunionempfang beichten gehen, würde wieder jene Einstellung fördern, die das 2. Vatikanische Konzil mit Mühe verändern wollte.

Es gibt ja verschiedene Formen der Versöhnung und der Schuldvergebung, sagen die einen und berufen sich auf die Neuordnung des Bußritus (vergleiche Nummer 4). Auch das kirchliche Gesetzbuch spficht nur von der schweren Sünde als Grund, den Leib des Herrn nicht empfangen zu dürfen (Can 916). Andere wiederum sagen, daß ein oberflächlicher Kommunionempfang eher ein Akt der Gottesverachtung als der Gottesliebe wäre. Und sie meinen, man könnte von der heiligen Kommunion fernbleiben, um gerade dadurch aus der Gleichgültigkeit und Lauheit herauszukommen, um seine Ehrfurcht vor dem kostbarsten Vermächtnis des Herrn auszudrücken und die Sehnsucht nach der Vereinigung mit ihm und miteinander neu zu beleben.

Vielleicht können zwei Dinge helfen: Erstens bedarf das Bußsakrament einer Verdeutlichung als persönliche Feier der Versöhnung, zweitens sollte der Empfang der Kommunion als persönlicher Ausdruck des Glaubens immer wieder bewußt gemacht werden. Es ist heute vielen Menschen wichtig, persönliche Beziehungen und persönliche Annahme in der Kirche und im Vollzug des Glaubens zu erleben. Bei dieser Grundsehnsucht des Menschen setzt auch die Feier der Beichte an. Denn bei der Beichte wird der einzelne persönlich angesprochen, jeder darf von sich selbst erzählen und seine Geschichte zur Sprache bringen. Das würde ja gesucht, sagen manche, aber fehlt es nicht an einem Bewußtsein von Sünde und Schuld? Und schätzen Menschen deshalb die Beichte nicht, weil sie nicht wissen, was sie bereuen und beichten sollen?

Es gibt heute vielfach das Bemühen, mit der Schuld aus eigener Kraft zurechtzukommen. Man versucht, in Zukunft anders oder besser zu handeln, ein anderes Mal wieder freundlich zu sein. Manche suchen ein Gespräch mit Menschen ihres Vertrauens. Viele entschuldigen sich selbst: sie suchen zu vergessen, lassen ihre negativen Gefühle an anderen aus,

sind nervös, gereizt. Nur wenige denken an die Schuldvergebung durch die Beichte. Und dabei geht es in der Beichte letztlich um ein Sich-Gott-Anvertrauen mit der Geschichte, die man jetzt geschrieben hat. Auch mit dem Risiko, das Gesicht zu verlieren, wobei man entdeckt hat, daß es bis jetzt eine Maske war und erst in einer letzten Ehrlichkeit das wahre Antlitz zum Leuchten kommt.

Ist nicht die sakramentale Lossprechung eine der persönlichsten Gottesbegegnungen? In ihr begegnet der Glaubende dem verzeihenden Gott in einer persönlichen Weise, die ihm ein neues und freies Leben eröffnet, ja die ihm innere Heilung und Frieden schenkt.

Das müßte viel öfter gesagt und erlebbar gemacht werden: Buße schenkt Freude und Zuversicht. Sie ist alles andere als eine Rückkehr in die böse oder gar verdrängte Vergangenheit. Buße ist Umkehr in die Zukunft.

Manche sagen, sie finden keine offenen Beichtstühle, andere sagen, sie haben noch nicht den richtigen Beichtvater gefunden. Wenn das stimmt, dann werden diese Überlegungen zu einer Anfrage an die Priester nach der Beichtpraxis in den Gemeinden. Kommt vielleicht von daher das Problem Kommunion ja und Beichte nein?

Beim Kommunionempfang wird vielen nicht bewußt, daß es dabei auf ein persönliches Bekenntnis des Glaubens ankommt. Der/die Austeilende zeigt ja zunächst die heilige Kommunion und sagt dabei „Der Leib Christi“. Er bringt so zum Ausdruck, daß es dabei um mehr geht als um ein Stück Brot. Er lädt den Kommunizierenden ein, seinen Glauben an den Herrn zu bekennen, den er jetzt empfangen will. Der Gläubige sagt deshalb nicht „Danke schön“, sondern „Amen“, das bedeutet: „Ich glaube, daß dies der Leib Christi ist“. Dieses „Amen“ ist ein Akt des persönlichen Glaubens an die Gegenwart Christi.

Oer Autor ist Leiter des Pastoralamtes der Erzdiözese Wien.

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