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Kultursanierung

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Vergangene Woche weilten rund zwanzig Katholiken unter der Führung des Wiener Weihbischofs Helmut Krätzl in der griechisch-orthodoxen Akademie in Kolimbari auf Kreta, um mit den griechischen Gastgebern und orthodoxen Freunden das so aktuelle Thema „Die Verantwortung der Kirche für das Europa von morgen“ zu erörtern. Der Wiener griechischorthodoxe Bischof Michael Staikos fungierte als Mittler und Bindeglied zwischen den katholischen und hochrangigen griechisch-orthodoxen Gesprächspartnern, zu denen sich auch einige protestantische Christen aus der Bundesrepublik Deutschland gesellten.

Das weitgespannte Thema wurde mit Eindringlichkeit und Ernst, aber auch mit christlicher Hoffnung und Gelassenheit behandelt. In den Gesprächen und Diskussionen, die auch durch gemeinsame liturgische Feiern und Ausflüge in die historisch so interessante Welt Kretas abgerundet wurden, spielte ein Begriff eine große Rolle, der immer wieder auftauchte, und der wie viele andere christliche Inhalte auf antike Wurzeln zurückzuführen ist: jener der Dia-konie.

Lange Zeit wurde sie in der christlichen Tradition nur als Inbegriff der Werke der leiblichen und geistlichen Barmherzigkeit verstanden, heute aber — gerade im katholischen Verständnis — gewinnt sie eine erweiterte und vertiefte Bedeutung: Wenn das Zweite Vatikanum neben der Verkündigung des Wortes Gottes und der Spendung der Sakramente den Dienst an der Welt zu den Aufgaben der Kirche zählt, erschöpft sich dieser Dienst nicht in individuellen Handreichungen und Wohltaten, so wichtig diese auch sind.

Die Verantwortung der Kirche erstreckt sich vielmehr auch auf das gesellschaftliche und öffentliche Leben, ohne daß die Kirche in diesem Bereich eine Führungsrolle anzustreben oder Patentrezepte anzubieten hat. Indem sie aber durch Wort und Tat auf die Prinzipien der christlichen Ethik, die auch eine Sozialethik ist, verweist, leistet sie einen indirekten, deswegen aber nicht minder wichtigen und nicht gering zu schätzenden Beitrag zur Gestaltung der europäischen Wirklichkeit.

Der Beitrag der Kirche und des Christentums ist keine bloß historische Reminiszenz, vielmehr ist und bleibt das Christentum die Seele Europas, ohne das diesem Kontinent und Kulturträger nicht nur etwas, sondern das Wesentliche, von dem auch Liberalismus und Sozialismus zehren, fehlen würde. In diesem Sinne ist die Diako-nie der Kirche und des Christentums auch Kultursanierung von den Wurzeln her.

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