Kindergartenoffensive: Was elementar ist

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Nach einem politisch entleerten Sommer trifft Kanzler Nehammer mit seiner Kindergarten­offensive einen relevanten Punkt. Das Wohl der Kleinen muss dabei freilich im Fokus stehen.

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Nach einem politisch entleerten Sommer trifft Kanzler Nehammer mit seiner Kindergarten­offensive einen relevanten Punkt. Das Wohl der Kleinen muss dabei freilich im Fokus stehen.

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„Da geht’s ja zu wie im Kindergarten!“ Dieser Satz wäre einem wohl früher in den Sinn gekommen – wenn ein gekränkter roter Landeshauptmann seinem Chef nonstop in die Parade fährt; wenn mehrere Filme über einen Ex-Kanzler erscheinen – und eine Produktionsfirma mangels Publikums­interesses selbst massenweise Tickets kauft; oder wenn die Wiener Ärztekammer interne Meinungsverschiedenheiten mit bodychecks und anderen Handgreiflichkeiten löst. Will heißen: Erwachsene Menschen führen sich einfach nicht so auf.

Mittlerweile würde man sich freilich vor solchen Zuschreibungen hüten. Denn ein Kindergarten hat genau nichts mit jener politischen Spielwiese des Narzissmus zu tun, die sich tagtäglich vor unser aller Augen entfaltet; er ist vielmehr das genaue Gegenteil davon: ein geschützter Raum, in dem Kinder lernen, wertschätzend, neugierig, nachhaltig und ja, vernünftig mit ihren Mitmenschen und der Welt, in der sie leben, umzugehen.

So viel zum Ideal. In der aktuellen Praxis offenbart sich der Bereich der Elementar­pädagogik jedoch vielfach als ausgehungertes System, das als Folge politischer Kindesweglegung dysfunktional geworden ist – und sowohl die kleinen als auch die großen Menschen in ihm erschöpft.

Seit Jahren, ja Jahrzehnten klagen Elementarpädagoginnen über eklatanten Personalmangel, zu große Gruppen, zu viel Bürokratie, zu geringes Gehalt und in Summe zu wenig Zeit, um ihre Arbeit so ausüben zu können, wie sie es ihrem eigenen Berufsethos und den ihnen anvertrauten Kindern gegenüber schuldig sind. Wie rasch das „System“ anfänglichen Idealismus abschleift, zeigt eine simple Zahl: Nur die Hälfte der Elementarpädagoginnen (ganz überwiegend Frauen) ist drei Jahre nach Berufsantritt noch in dieser Branche tätig.

4,5 Milliarden Euro bis 2030

Umso verblüffender jene „Gewaltanstrengung“, die Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) Anfang September im ORF-„Sommergespräch“ in Aussicht stellte – und die nun im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen samt „Zukunftsfonds“ auf Schiene gebracht werden soll: Bis 2030 will man gemeinsam mit den Ländern 4,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um die Betreuungslücke bei Kindern im ­Alter zwischen einem und drei Jahren zu schließen. Anders als bisher sollen die Gemeinden nicht nur eine „Anschubfinanzierung“ erhalten, sondern kontinuierlich, also auch bei den Personalkosten, unterstützt werden. Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung plant sogar einen „Rechtsanspruch“.

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