6896742-1980_13_19.jpg
Digital In Arbeit

Minimum drei Wochen

Werbung
Werbung
Werbung

Unter dem Titel „Medizinische Aspekte der Höhe" fand kürzlich in Igls, Tirol, ein internationales Symposium, statt.

Physiologische. Wirkuhgen eines Urlaubs in 2000 bis 3000 Meter Höhe, Einflüsse eines akuten Höhenwechsels, Atemwegserkrankungen und Höhenadaption als Therapie, Herzmuskel und Höhe, das waren einige derThemen, die unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Deetjen vom Institut für Physiologie und Balneologie der Universität Innsbruck behandelt wurden.

Daß der Aufenthalt in größeren Höhen positive Wirkungen haben kann, weiß die Wissenschaft schon lange. Man könnte dieses Symposium eher als Hilferuf der Fachmediziner an die Kollegenschaft betrachten. Hilferuf deshalb, weil es noch immer viele Ärzte nicht wa gen, Hypertonikern und Herzkranken, hier vor allem wieder dem älteren Patienten, einen Höhenurlaub zu gestatten.

Und das wurde eindeutig festgestellt: Höhenlagen ab 2000 Meter vertragen gerade ältere Menschen ausgezeichnet. Interessant war auch die Frage nach der Verträglichkeit des abrupten Höhenwechsels, wie zum Beispiel nach einem Lifttransport, bei dem oft große Höhenunterschiede innerhalb kürzester Zeit überwunden werden. Hier ist ein Vergleich mit dem Fliegen angebracht. Der Druck im Flugzeug entspricht einer Seehöhe von zirka 2500 Meter, und Erfahrungen haben gezeigt, daß ältere

Menschen diesen raschen Druckanstieg, der schneller erfolgt als bei einer Seilbahn, gut verkraften. .

Doch bleiben wir einmal bei jungen, gesunden Menschen. In einer Höhe von ungefähr 2500 bis 3000.Meter sinkt der Sauerstofftransport im Blut um rund zehn Prozent ab. Die Wissenschaft rechnet hier mit' dem sogenannten Pa02-Wert. Im selben Moment nehmen aber die Atemvolumina zu, so daß es zu einem erhöhten Sauerstofftransport kommt. Zusammen mit anderen Faktoren, wie der UV-Strahlung, einer Zunahme des Plasmaphosphates und einem verstärkten Kalziumtransport, kommt es zu einer kurzfristigen Leistungssteigerung. Diese sinkt dann relativ rasch ab, um aber später wieder konstant anzusteigen. Auf Grund dieser Beobachtungen sollte ein Höhenaufenthalt mindestens drei bis vier Wochen dauern. Nur so lassen sich positive medizinische Ergebnisse erzielen.

Dann aberzeigt sich eine erstaunliche Langzeitwirkung. Die aufgebaute Leistungsfähigkeit vermindert sich erst nach dem vierten Monat, und erst nach acht Monaten ist sie wieder abgebaut. Natürlich springt die Leistungskurve um so rapider, je untrainierter der oder die Betreffenden sind, da Sportaktive Mensehen bereits einen höheren Leistungspegel haben.

Nun zu den Kreislaufgeschädigten. Wie Prof. Dr. Inamavom Institut für Heilbäderforschung, Salzburg, ausführte, leben allein in der Bundesrepublik 16,5 Millionen Menschen mit Kreislaufschäden (laut einer Untersuchung des Allensbacher Institutes, Bundesrepublik Deutschland). In Österreich dürfte der Prozentsatz ähnlich hoch liegen.

Für diese Menschen stellt sich natürlich die Frage, ob für sie das Hochgebirge als Aufenthalt geeignet ist oder nicht.

Mit einer Einschränkung läßt sich diese Frage mit Ja beantworten. Einer Einschränkung deshalb, weil doch eine ärztliche Voruntersuchung notwendig ist. Es stellte sich nämlich bei untersuchten Infarktfällen, welche in Höhenlagen eintraten, in der Regel heraus, daß der Beginn des Infarktes bereits im Heimatort anzusetzen war. Die ersten Anzeichen schrieb der Patient allerdings anderen Ursachen zu.

Nun ergaben Untersuchungen, daß bei Hypertonikern bei Höhenaufenthalten der systolische Blutdruck sank und auch nach dem Urlaub diese Werte langfristig beibehalten wurden. Auch weitere Erscheinungen dieses Krankheitsbildes, wie Schlafstörungen, Herzbeschwerden und ähnliches, nahmen ab.

Sicher ist ein Höhenurlaub nicht als Allheilmittel zu betrachten, aber er ist doch ein wesentlicher .Beitrag zur Gesundheit in einer streßgeplagten Zeit. löDainemDni. . enönaaiebnuv ieni.

Eine Frage, die besonders von der Fremdenverkehrswirtschaft aufgeworfen wurde, war die nach dem Effekt ei-, nes Urlaubs in etwa 1000 MeterHöhe. Es ist doch so, daß die meisten Urlaubsorte unseres Landes in ungefähr 600 bis 1300 Meter Seehöhe liegen.

Für diese Frage betrachteten sich die Referenten des Symposiums aber nicht als kompetent. Einzig aus der Sicht der Sportmedizin konnte eine dürre Antwort gegeben werden. Wie weit man davon profitieren kann, daß Sportler beim Training in solchen Höhen geringe Leistungssteigerungen aufweisen, steht in den Sternen. Als Maßstab sind solche Ergebnisse ungeeignet.

Nicht zu unterbewerten war die Mahnung eines Praktikers, Prof. Dr. Haihube r von der Klinik Höhenried, Oberbayern, an die Verantwortlichen der, Fremdenverkerirsorte. Er ließ den Vorwurf durchklingen, daß viele Erholungsorte einen Gesundheitsurlaub propagieren, jedoch kaum eine passende ärztliche Betreuung samt den dazugehörenden Einrichtungen zu bieten haben.

Zusammenfassend kann man testhalten: Ältere Menschen vertragen aus medizinischer Sicht Höhen zwischen 2000 und 3000 Metern ausgezeichnet, und mit einer entsprechenden Betreuung ist auch für Herzleidende ein solcher Aufenthalt zu empfehlen. Nochmals zu betonen: Kurzurlaube haben keinerlei Heileffekte, solche bedingen eine Aufenthaltsdauer von mindestens drei bis vier Wochen.

Ein interessantes Detail am Rande: Junge Menschen von 12 bis 27 Jahren hatten bei einem raschen Höhenwechsel die meisten Schwierigkeiten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung