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Neues „Ensemble“
Das Jahrbuch der Bayrischen Akademie der Schönen Künste, „Gestalt und Gedanke“, hat vor Jahren unter dem Titel „Ensemble“ eine neue Form gefunden und sich seither als „einsame Klasse“ ausgewiesen und durchgesetzt. So wurde dem letzten, siebenten Jahrbuch eine neue Gestalt und ein neuer Verlag gegeben. Es erscheint nun als Taschenbuch, um ein noch größeres Lesepublikum zu erreichen: „Für ,Ensemble“ ist das Wort Weltliteratur keine Phrase. Es sucht an Hand von Erstdrucken und Vorabdrucken ein literarisches Bezugssystem von internationaler Weite aufzuzeigen. Die Auswahl der Autoren erfolgt nicht nach modischen oder ideologischen Gesichtspunkten. Ausschlag gibt die Qualität.“ ‘
Es geht dabei nicht bloß um eine Be- Stgridsäufrlähme zeitgenössischer internationaler literarischer Produktion, sondern um das Gespräch eines Ensembles über sprachliche, ideologische und generationsbedingte Grenzenhinweg, um ein „Ordnungsprinzip der Sympathie“, um eine Literatur, die sich dem Logos der Sprache verpflichtet weiß, der „in einem uralten Anspruch auf eigenständige Welterkundung und Wahrheitsfindung seine Wurzel hat“. „Vernimm, wie das Wort vollendet, was es sagt. Fühl, wie das Wort zu dem wird’, was du bist. Und sein Sein wird doppelt das deine“ (Renė Char). Ein offenes System mit viel Möglichkeitssinn, um Robert Musil zu zitieren, doch unter einer „ein- hüllenden Kurve, die verschiedene Kurven in einem Punkt berührt“ (Sol- schenizyn).
Die Herausgeber sind sich bewußt, daß sie damit dem heutigen Literaturbetrieb, dem ideologischen wie artistischen, ein Ärgernis setzen. Doch das stört sie nicht. Arroganz und Unduld samkeit waren immer Ausdruck von Nervosität und Unsicherheit trotz aller verbalen Schnellfeuer und fanatischen Einseitigkeiten. „Poesie ist der letzte, wahrscheinlich auch der erste, hauptsächlich aber der letzte Versuch der Eingliederung von Zeit und Raum, von Schicksal und Welt in die Ordnung des Denkens. Poesie entsteht dann, wenn nichts anderes mehr übrig bleibt. Poesie ist der letzte Schritt des Menschen zum Menschen und zu den Menschen“, sagt der Tscheche Miroslav Holub, der bezeichnenderweise als Wissenschaftler an einem Forschungsinstitut arbeitet.
Die Sprache ist in Not, hören wir heute an allen Ecken, infolge der Redseligkeit und der Manipulation von Politikern, . evolutiopärgn.i .Wissenschaftlern und Živilisationsliteraten. In diese Bedrängnis der Sprache werden wir durch diesen Band, und alle, vorangegangenen Bände, hineingezogen, um die Sprache wiederzufinden. Darin erblickt auch die Akademie ihre Aussichten und ihre Rechtfertigung. Daß Österreich ebenfalls in diesem Ensemble vertreten ist, versteht sich von selbst, nur eben nicht immer jenes, das in den Massenmedien Furore macht. Mit Rainer Kunzes Gedicht auf die Korrektur von Druckfahnen können wir schließlich charakterisierend schließen: „des fahnenhissens bin ich müde… allein auf diese fahnen will ich noch einen eid leisten … den Uranfang der Wörter, des sieges zeichnen“.
ENSEMBLE 7, Internationales Jahrbuch für Literatur, Lyrik - Prosa - Essay. Herausgegeben von Heinz P ion tek, Clemens P o de w ils, Walter Helmut Fritz. Deutscher Taschenbuch-Verlag dtv, 231 Seiten, öS 52.36.
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