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ORF-Studienprogramm

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Wer sich auf die Frage „Wem glauben?“ einläßt, begibt sich auf eine beschwerliche Reise und gerät zuletzt in eine Gasse, an deren Ende nur mehr einer steht: Jesus Christus. Wer das nicht will, muß seine Reise unterbrechen. Wer sie fortsetzt, muß ständig Abschied nehmen.

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Wer sich auf die Frage „Wem glauben?“ einläßt, begibt sich auf eine beschwerliche Reise und gerät zuletzt in eine Gasse, an deren Ende nur mehr einer steht: Jesus Christus. Wer das nicht will, muß seine Reise unterbrechen. Wer sie fortsetzt, muß ständig Abschied nehmen.

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Er wird Abschied nehmen von den Oberflächlichen, die die Rätsel des Lebens für gelöst halten, wie auch von hochnäsigen oder resignierten Agnostikern, die sagen: wir können sie nicht lösen. Er wird von denen Abschied nehmen, die vor der Schranke der Wahrhaftigkeit stehen: Man kann denen nicht glauben, die lügen. Er wird auch an denen Vorbeigehen, die vor der Schranke der Treue halt machen: Man kann sich auf die nicht verlassen, die nichts durchstehen, die es bei keiner Aufgabe, bei keinem Menschen, ja nicht einmal bei sich selber aushalten. Und an der letzten Schranke, da stehen sie alle hilflos. Es ist die Schranke des Todes. Wem könnte man da noch glauben, auf wert sich verlassen?

Wer sind die Menschen, die vor diesen Schranken stehen? Wir finden sie hier alle wieder: Politiker und Professoren, Ärzte und Künstler, Eltern und Kinder, Freunde und Ehepartner. Uns selbst.

Und doch lebt die Welt von den Menschen, denen man glauben kann. Keiner kann allein alles wissen, alles können und alles tun. Glaubwürdigkeit ist eine Grundlage des Zusammenlebens und des Fortschritts, aber auch der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Viele geben heute resigniert auf und sagen: „Man kann doch niemand trauen. Sie lügen doch edle, wie sie es brauchen: die Zeitungen, der Rundfunk, die Staatsmänner, die Nachbarn und die Kirche.“ Dann leben sie doch wieder auf und sagen: „Diesmal hat’s gestimmt und man hat mir geholfen.“ Wieviel Hoffnung lebt da auf, wieviel Lebensmut! Es könnte die Welt verändern, würden wir uns alle fragen: Stimmt das genau, was ich eben gesagt habe? Habe ich das getan, was ich versprochen habe? Habe ich den nicht im Stich gelassen, dem ich einmal gesagt habe, er könnte sich auf mich verlassen? Darf ich Zusagen, wo ich doch nicht sicher weiß, ob ich es leisten kann? - Der Aufbau von mehr Vertrauen ist lebenswichtig. Aber es ist eine mühevolle Sache, dies zu tun, eine Kleinarbeit und Anstrengung, die alle Kraft kostet.

Auch bei aller Anstrengung werden wir nie soweit kommen, daß diese Welt von einer Atmosphäre der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens umgeben sein wird. Nicht nur, weil wir die moralische Anstrengung nicht schaffen, .sondern weil wir tatsächlich manches Vertrauen nicht rechtfertigen können: Politik ist die Kunst des Möglichen, der vieles unmöglich bleibt. Die Medizin hat Grenzen, die Wirtschaft ihre Gesetze. Wir stoßen überall an die Grenzen unseres Wissens, unserer Kraft und Leistungsfähigkeit.

Doch es geht ja letztlich gar nicht darum, daß ein bißchen weniger gelogen wird, ein bißchen mehr Treue und Glauben unter die Menschen kommt. Es geht darum, jemand zu finden, dem man seine Sache hoch anvertrauen kann, auch wenn sie verloren scheint, dem man sein Leben getrost in die Hand geben kann - auch wenn man sterben muß. Da hat sich inzwischen auch die Frage gewandelt. Da heißt „Wem glauben?“ jetzt: „Wer läßt mich leben? Wem kann ich jetzt noch vertrauen, wer bleibt auch jetzt nicht zurück?“

Damit haben wir die Spitze der Existenzfrage erreicht, das Problem des menschlichen Daseins schlechthin, das sich zwischen dem Bewußtsein des Sterbenmüssens und des Leben- wollens bewegt. Nicht nur eines Sterbenmüssens am Ende unserer Tage und eines Lebenwollens auch noch in der Stunde unseres Todes, sondern ei-

nes Sterbens, das alle Tage unseres Lebens begleitet: Des Sterbens vitaler Kraft, des Begrabens von Hoffnungen und Erwartungen, des Erlöschens menschlicher Beziehungen, des Absinkens moralischer Qualifikation. Nur wer sich dieses täglichen Sterbens bewußt ist, wird auch das Wort Jesu recht verstehen: „Wer an mich glaubt, wird leben“ - trotz aller Schwäche und Enttäuschung, trotz Sünde und Tod.

Das ist die enge Gasse, in die wir alle geraten, und in der wirklich nur mehr einer steht - nicht als Auskunftsperson, nicht in ohnmächtiger Treue, nichtals Wegweiserfüreinen Weg, den er selbst nie gegangen ist. Dieser Jesus hat die Sackgasse unseres Lebens geöffnet, ist selbst zur Türe geworden, durch die Millionen gegangen sind. Es wäre nicht zu verantworten, Menschen mit der Frage „Wem glauben?“ auf die Reise zu schicken, wenn man nicht wüßte, daß am Ende einer steht, der sie beantworten kann.

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