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Plattform des Gesprächs zwischen Künstlern und Politikern

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Das „österreichische Kulturgespräch” ist laut György Sebestyėn seinem Namen nach eine „doppelte Tautologie”. „Denn ein Gespräch ist selbstverständlich ein Gespräch, die Kultur ist aber in ihrem tiefsten, verborgenen Wesen ebenfalls ein Gespräch, und das österreichische läßt sich überhaupt nur als eine Eigenheit erfassen, die entstanden ist durch das Gespräch zwischen deutschen, slawischen, ungarischen Elementen, zwischen alpinen, mediterranen und donauländischen Regionen, zwischen Epochen.

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Das „österreichische Kulturgespräch” ist laut György Sebestyėn seinem Namen nach eine „doppelte Tautologie”. „Denn ein Gespräch ist selbstverständlich ein Gespräch, die Kultur ist aber in ihrem tiefsten, verborgenen Wesen ebenfalls ein Gespräch, und das österreichische läßt sich überhaupt nur als eine Eigenheit erfassen, die entstanden ist durch das Gespräch zwischen deutschen, slawischen, ungarischen Elementen, zwischen alpinen, mediterranen und donauländischen Regionen, zwischen Epochen.

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Das „ÖKG” ist eine unabhängige, überparteiliche Plattform kulturpolitisch interessierter Menschen. Jeweils am letzten Jännerwochenende sollen im Gespräch zwischen Künstlern und Kulturschaffenden Ideen aus verschiedenen Richtungen für eine Verbesserung der kulturellen Situation Österreichs gesammelt und im anschließenden Gespräch mit den Verantwortlichen aus der Politik geprüft werden.

Jeweils wird ein entscheidendes Problem der Kulturszene als Thema festgelegt, in Arbeitskreisen vorbereitet und während des Kulturgesprächs versucht, die gesammelten Lösungen dieses Problems den Politikern und der Öffentlichkeit zu unterbreiten.

Die bisherigen Kulturgespräche waren:

• 1970, Graz: „Der Weg zu einem österreichischen Kulturgespräch” • 1971, Linz: „Kunstkonsum in der Konsumgesellschaft”

• 1972, Innsbruck: „Kunst und Verwaltung in der Gesellschaft von heute”

• 1973, Eisenstadt: „Die Kunst in der Gestaltung der Umwelt-Modelle für die österreichische Kulturpolitik”

• 1974, Salzburg: „Bildung durch Kunst”

• 1975, Bregenz: „Zwang und Freiheit im Kunstgeschehen”

• 1976, Klagenfurt: „Kunst und Macht in Österreich”

In diesen Gesprächen ist eine Überfülle von kulturpolitischen Anregungen und Vorschlägen entstanden. Drei Unterrichtsminister und alle kulturpolitischen Sprecher der Parteien, fast alle Landeskulturräte haben mit unseren Teilnehmern diese Vorschläge debattiert, die österreichische Presse und der ORF haben sich ausführlich damit beschäftigt. Wir glauben, daß wir dadurch Denkanstöße und Modelle „geliefert” haben, die zur allmählichen Bildung eines politischen Kulturbewußtseins in diesem Lande einen nicht zu unterschätzenden Beitrag bedeuten. Die Anregungen des Kulturgesprächs sind teilweise verwirklicht worden. So geht der Kunstbericht des Bundes, aber auch einiger - leider noch nicht aller - Bundesländer auf einen Vorschlag des ersten Kulturgesprächs zurück.

Zu der selbstgestellten Aufgabe des österreichischen Kulturgesprächs wird es weiterhin gehören, ein natürliches und vernünftiges Verhältnis zwischen Kunst und Politik herbeizuführen und Ideen über das Verhältnis des Künstlers zur Gesellschaft sowie die Beziehung des Menschen zur heutigen Kunst und ihrer Umwelt zu entwik- keln.

Das „österreichische Kulturgespräch” sah es nicht als seine Aufgabe an, als eine Art Kulturpartei die Verwirklichung von Vorschlägen seiner Teilnehmer in der Tagespolitik voranzutreiben, auch dann nicht, wenn Politiker während des Gesprächs solche Vorschläge angenommen und zu ihrem Programm gemacht hatten. Trotz manchmal vorgebrachter Kritik wird es dabei bleiben. Die Organisatoren des Kulturgesprächs halten dessen bereits bewährte Rolle als Anreger und Ideengeber für realistisch und’ nützlich, einen Versuch, sich als Kulturpartei zu benehmen, für utopisch und unnütz. Die Kontrolle, ob und wie weit die Politiker die einmal angenommenen Ideen des Kulturgesprächs auch wirklich vertreten und realisieren, muß der kritischen Öffentlichkeit und vor allem den Massenmedien und Parteien überlassen bleiben.

Was wir beitragen können, ist eine Evidenz der Vorschläge und eine erneute Befragung der betreffenden Politiker, was sie daraus gemacht haben. Zu diesem Zweck haben wir eine Liste von Vorschlägen der Kulturgespräche erstellt, die wir allen verantwortlichen Politikern, den Parteien in Bund und Ländern und den Spitzen der Kulturverwaltung zugeleitet haben. Sie liegt auch für die Presse beim bevorstehenden Kulturgespräch in Baden auf.

Das Thema des 8. Kulturgesprächs „Kultur im Fernsehen” wurde gewählt, weil nach unserer Überzeugung das Fernsehen für die Gestaltung unserer Kultur jetzt und in Zukunft eine ganz entscheidende Rolle spielen wird. Das allein ist allerdings keine so brandneue Erkenntnis, um ein großes Gespräch darüber zu organisieren. Was das Thema kulturpolitisch so aktuell macht, liegt in der allzu österreichischen Weise, in der es behandelt Wird. Entweder-und das am liebsten - gar nicht; oder in Randfragen - Conrads, Mundl, Show, Konzert, Club 2, Literaricum oder über Personen - Intendanten, Hauptabteilungen und freie Mitarbeiter.

Die Fernsehkritik setzt sich - verständlich - mit der jeweiligen Produk- tipn auseinander und ist sehr oft überfordert, wenn sie sich mit kulturellen und künstlerischen Problemen dieser Produktionen fachlich auseinandersetzen sollte. Ein Eingehen auf die kulturpolitischen Aspekte des Mediums überhaupt ist äußerst selten und landet auch dann allzuoft bei „Personalia”.

Die verantwortlichen Politiker hüllen sich zumeist in Schweigen. Der Kulturauftrag des Gesetzes scheint ihnen genug. Die Kontrolle der Durchführung ist den gesetzlichen Gremien des Kuratoriums und der Hörer- und Sehervertretung anvertraut. Was sollte also ein politisches Engagement, wo es doch immer wieder auf Personalia hinausgeht. Allenthalben aber tauchen Stimmen auf, die meinen, daß die kulturellen Belange im Fernsehen benachteiligt werden.

Das 8. Kulturgespräch wird sich mit den kulturpolitischen Aspekten der „Kultur im Fernsehen” auseinanderzusetzen haben. In drei Arbeitskreisen - Kulturauftrag, Regionalisierung, Kabelfernsehen - sollen Ideen und Vorschläge zu einer Kulturpolitik entwickelt werden, die der überragenden Rolle dieses Mediums in der Gestaltung unserer Umwelt gerecht werden sollen. Kultur verstehen wir hier nach der Deklaration des 6. Kulturgesprächs in Bregenz: „Das ÖKG will unter ,Kultur’ nicht nur die schönen Künste verstanden wissen; Kultur ist auch der Stil, in dem der Einzelne und die Gemeinschaft ihren Lebensraum gestalten und ihr Leben führen.”

Wie bei jedem Kulturgespräch bisher, wird es zuerst zum Versuch einer Analyse des „Was ist?” kommen. Bei aller Freiheit des Gesprächs wird es darauf ankommen, dabei nicht länger zu verharren, als es zur Aufhellung des Hintergrundes notwendig ist, vor dem die Ideen zur zukünftigen Gestaltung aufscheinen werden. Wer sich also vom Gespräch eine etwas ausführlicher als sonst gegebene Fernsehkritik, sprich Fernsehbeschimpfung erwartet, wird enttäuscht werden. Es muß zum Gespräch zwischen Kulturschaffenden, Femsehverantwortlichen und Politikern kommen. Kritik-ja, natürlich, unausweichlich; aber dann Vorschläge zum Programm einer Fernsehkulturpolitik.

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