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„Prospektives“

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Für ihre „Prospective concerts“ hatte die BBC ein Werk bei David Bedford bestellt. „For 100 Kazoos“ schien Pierre Boulez jedoch allzu abwegig und im letzten Moment wurde der Auftrag an Bernhard Rands (geb. 1935) erteilt, der sein für den Pianisten Roger Woodward geschriebenes Klavierkonzert gerade noch rechtzeitig beendete.

„Mesalliance“ heißt das neue Werk und der Titel ist eine Beschreibung dessen, was dem Komponisten vorschwebte: Der Konflikt zwischen antagonistischen 'Elementen, dem Solisten und dem Orchester, liefert den dramatischen Inhalt und bestimmt Spannungskurven, Form, Verlauf, Klangbild und Ausdrucksmittel.

Zu Beginn geht der gewaltig klingende Impuls vom Orchester aus, das allmählich zurücktritt, während langsam und fast unhöfbar der Pianist in Erscheinung tritt, einen scharf akzentuierten Dialog mit dem Schlagzeug führt, mit leichter Geste Klangtrauben aufrafft, schwere Clusters aus der Erde stampft, aus der Fülle der Noten schöpft.

Der Wirbel akustischer Ereignisse, der dem Orchestertutti seinen unwiderstehlichen Reiz verleiht und dem Klaviersolo seine Gestalt aufzwingt, besitzt alle äußeren Anzeichen der Improvisation, ist jedoch

genau notiert und begrenzt interpre-tative Freiheit aufs präziseste.

Daß die Ausgangsidee brillant durchgeführt ist, bedarf keines Kommentars. Bemerkenswert ist vielmehr, wie diese Musik atmet, wie immer wieder Ruhepunkte, Zäsuren, Absätze den klanglichen Ansturm unterbrechen, wie diese Sequenzen aneinandergefügt sind und der Großform eine glaubwürdige Gestalt verleihen; wie der akustische Impuls, selbst in Momenten, da durch schieres Gewicht die äußersten Grenzen erreicht sind, nie in Chaos ausartet, nie die Mitte verliert.

Drei Aspekte der neuen Musik wurden in dem Konzert untersucht. Connolly unternahm die Gegenüberstellung elektronischer und instrumentaler Mittel, Ligeti erprobte instrumentale Texturen, Eric Salzmann, dessen „Foxes and Hedgehegs“ das Konzert beschloß, behandelte ein Kommunikationsproblem. Es wurde einem reichlich Stoff zum Nachdenken geboten, jeder konnte sich seine eigenen Gedanken machen und am Ende der Veranstaltung beantwortete Boulez Fragen aus dem Publikum, aus denen man ersehen konnte, daß die Zuhörer es durchaus ernst mit dieser Diskussion nahmen und sich mit den Problemen näher auseinandersetzen wollten. Genau das bezweckt Boulez ...

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