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Schönheit: Gibt es sie?
Die „Steirische Akademie“, der unumstritten erfolgreichste Teil des „steirischen herbstes“, war heuer dem Thema „Schönheit“ gewidmet. Von der Mode als „Schönheit höchstens für eine Saison“ (die Modedesi-gnerin Lisa D.) bis zur Schönheit als das von „einem reaktionären Kunstverständnis“ absolut Gesetzte war die Schönheit vielen Definitionen ausgesetzt.
Man fürchtete beinahe, die von Landeskulturreferent Kurt Jung-wirth vorgebrachte Klage über jene Begriffe, „die sich von uns unzählige Male widerstandslos malträtieren lassen“, hätte Axel Cortis Drohung „Wir sollten uns nicht gefallen lassen, daß das, was wir als schön erachten, weggeschwatzt wird“, übertönt. Aber Axel Corti stand am Ende, und Jungwirths Klage am Anfang der Vortragsreihe im Hörsaal A der Grazer Universität, und so mag jene doch eher als Ergebnis, fast schon für eine Art Resolution gelten.
Freilich sah Werner Ross in der Schönheit nicht nur etwas, was wir nie besitzen können, was uns immer wieder entgleitet. Er hielt auch dafür, daß wir sie längst preisgegeben hätten für das,.Nette“, das,.Hübsche“ und „Saubere“ in einer „stinklangweüigen“ Zeit“.
Man müsse die Schönheit aus ihrer heutigen „Versklavung in der Waren- und Werbewelt“ befreien und ihr die „kosmische Göttlichkeit“ zurückgeben, die Rilke meine, wenn er das Schöne nur den „Anfang des Schrecklichen“, eben des „Göttlich-Überwältigenden“ nenne. Und auch das mag von dem weitgehend jugendlichen, sehr intensiv hörenden Publikum als Forderung verstanden worden sein.
In der von Dienstag bis Freitag der vorigen Woche dauernden Vortragsreihe sprachen außer den Genannten noch Friedrich A. Cra-mer, Barbara Sichtermann, Muri-elle Gagnebin, Christine Thurn, Tobias Brocher, Karin Drda-Kühn, Rene König, Erika Tunner, Paul Zwietnig-Rotterdam und Stefan Kohler.
Mit bewährtem Können las Brigitte Antonius, in ganz Europa bekannte Vortragskünstlerin, aus Christa Wolfs „Störfall“.
Cramer war das Thema von der naturwissenschaftlichen Seite aus angegangen: Er sieht in der Schönheit eher den Prozeß, in dem „Gestalt wird“, eine Gratwanderung zwischen einer Auflösung bis ins Chaos und einer „Erstarrung in Symmetrie und Formen“, „hart angesiedelt am Rande des Zerfalls und des Todes“.
Das sei keine „individuelle Einbildung“, denn aus rein biologisch-physikalischen Prinzipien“ ergebe „sich so etwas wie der Goldene Schnitt“, und „wenn es überhaupt ein objektives Maß für Schönheit“ gebe, dann seien „es doch Regeln von der Art des Goldenen Schnittes oder des Farbenkreises“.
Und so war in diesen Tagen nicht nur geklagt und gefordert, es war ein objektives Maß an „Kunstwerken der Natur“, einem Tannenzapfen oder einer Blüte gefunden, kein Dogma, aber einleuchtende Beispiele für eine Schönheit, die es immer geben wird. Das ist mehr als man sich von so einer Akademie erwarten konnte, in der man meist froh ist, wenn man das Thema „zur Sprache gebracht“ hat..
Das Symposium fand vom 13. bis 16. Oktober statt.
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