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Spekulation baut ab

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Die für die Erfassung der Rohstoffpreisentwicklung geschaffenen Indices, der englische Reuter-Index und der amerikanische Moody’s Index, weisen nach den Boom-Jahren 1972 und 1973 insbesondere bei den Industrierohstoffen wieder eine leicht rückläufige Tendenz auf, Die wichtigste Ursache dafür liegt darin, daß die Produktion unter dem Einfluß der ständig steigenden Preise verstärkt wurde, so daß nun ein großes Angebot einer etwas geringeren Nachfrage gegenübersteht. Ferner — das zeigt vor allem das Beispiel Japan — wurden die Konsumentenlager stark abgebaut. So wurde das frühere Kupferimportland Japan zu einem Nettoexporteur von Kupfer. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auf eineif generellen Devisenmangel (als Folge der Erdölverteuerung) zurückzuführen.

Die starke Abwertung der beiden Leitwährungen US-Dollar und Pfund hat im übrigen die Gewinne der rohstoffproduzierenden und -exportierenden Entwicklungsländer aus der Rohstoffverteuerung weitgehend aufgehoben. Der ehedem durchaus realistische Gedanke, daß sich Entwicklungshilfe im Zuge der generellen Rohstoffpreiserhöhung von selbst ergeben werde, ist demnach durch das äußerst brüchige Weltwährungssystem widerlegt worden. Anderseits zeigt sich darin auch, daß es für Rohstoffpreisforderungen natürliche Grenzen gibt, die dort liegen, wo sie der Markt nicht verkraften kann und über Währungsparitätsänderungen der Status quo herzustellen versucht wird.

So sind beispielsweise die Preise für Weizen, Mais und Gerste im Zusammenhang mit der Trockenheit in den USA zwischen Ende JÄni und Ende Juli 1974 um durchschnittlich 20 Prozent angestiegen. Sobald der erste Regen auf die Getreidefelder von Texas fiel und sich die Emte- aussichten dadurch wesentlich verbesserten, entwickelten sich die Preise wieder auf das ursprüngliche Niveau zurück. Beim Weizen deuten derzeit die Aussichten für 1974/75 nach Ansicht kompetenter Kreise auf eine Entspannung der Angebot- Nachfrage-Position hin. Sehr ausge-

pVägt war in den letzten’ Mönaten der Preisrückgang bei Wolle. Hier sind die Preise zwischen August 1973 und August 1974 um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Die Abschwächung des Wollverbrauches und die unsicheren wirtschaftlichen Aussichten in den meisten Industrieländern haben zu einem Rückgang der Wolleinfuhr geführt.

Zwischen August 1973 und August 1974 sind ferner die Preise für — und dies in bunter Folge — Schweine, Schweinefett, Rindshäute, Kautschuk usw. stark gefallen. Per Saldo ergibt sich für Kakao, Zucker (um das Vierfache!), Sisal, Zinn, Blei, Zink, Aluminium, Gold, Silber und Nickel in derselben Periode noch immer ein starker Ver- teuerungseflekt.

Selbstredend hat die abgeschwächte Preisentwicklung auf den Rohstoffmärkten starke Auswirkungen auf das weitgehend importabhängige. Österreich. Gut zwei Jahre schleppten die Mitglieder der Bundesregierung durch jedes Statement zur Preisinflation in Österreich die Behauptung, daß sie auf die stark steigenden Rohstoffpreise zurückzuführen sei. Einige Zeit wog dieses Argument schwer, heute dagegen nimmt es ab, wie überhaupt bemerkenswert ist, daß Österreich mehr als die Hälfte seiner Importe aus Industriestaaten mit einer inzwischen weit geringeren Inflationsrate als der österreichischen bezieht. Im internationalen Vergleich steigen die Preise in Österreich, Während gleichzeitig die Rohstoff-»- preise tendenziell sinken. Es wäre zu hoffen, ‘ daß auch in Österreich ökonomische Behauptungen nur sachlich belegt werden. Alles andere läuft darauf hinaus, der Bevölkerung ein X für ein U vorzumachen, eine Vorgangsweise, die keineswegs mit dem Wesen verantwortungsbewußter Politik zu vereinbaren wäre. Ein Beispiel dafür ist die geplante Preiserhöhung für die staatsmonopolartig angebotenen Rauchwaren. Die Tabakpreise sind relativ stabil, dennoch werden sie — wahrscheinlich nach den Oktoberwahlen in Vorarlberg und der Steiermark — erheblich angehoben werden.

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