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Steuerquelle

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Als ich noch Österreich-Korrespondent in Wien war, habe ich immer wieder bestätigt gefunden, daß die modernen Zeiten mit dem Westwind kommen. Alle Neuheiten beginnen in Amerika und kommen dann über Holland und Deutschland auch nach Osterreich.

Es gibt aber auch Themen, die gehen zwischen der Bundesrepublik und Osterreich ständig hin und her, ohne daß eine Seite jemals etwas dazulemt. Könnt Ihr Euch noch an den politischen Erfolgsschwank „Quellensteuer“ erinnern?

Wenn nicht, kann ich Euch draufhelfen. Die österreichische Presse hat das Wort fast nie verwendet, sondern immer nur den demagogischen Begriff „Sparbüchlsteuer“. Obwohl nicht die Spargroschen, sondern nur deren jährliche Zinserträge als Einkommen zu versteuern wären. Der Griff zur Quelle bei den Banken sollte nur die allgemein verbreitete Hinterziehung dieser Steuer beenden.

Auch bei uns ist schon vor längerer Zeit über diese denkbare Steuerquelle diskutiert worden, der praktische Anfang aber wurde in Osterreich gemacht.

Aber jetzt kann ich Euch berichten, daß bei uns wieder einmal niemand was von Osterreich lernen wollte. Der ganze Unfug hat sich nahezu originalgetreu in deutscher Inszenierung vnederholt.

Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte den Mut zu ihrer Verwirklichung nicht mehr aufgebracht, weil unsere christdemokratische Opposition damals die Quellensteuer als „sozialistisches Folterwerkzeug“ für sparsame Bürger anprangerte.

Doch kaum hat nach der Wende unter Helmut Kohl die neue Koalition aus CDU/ CSU und FDP zu viele Steuerermäßigungen versprochen, mußte sie schon den Staatshaushalt wieder retten und fand dazu eine „neue“ Steuerquelle: das alte „Fol-terwerkzeug“ Quellensteuer.

Die öffentliche Kritik daran war nun bei uns zwar nicht so emotional wie bei Euch. Aber die Begeisterung der Betroffenen war ähnlich: Die kleinen, ohnehin kaum betroffenen Sparer waren sauer, und die großen Steuersparer schaufelten ihr Kapital schnell nach Luxemburg.

Als nun der Popularitäts-Ballon der Regierung Kohl immer rasanter zu sinken begann, mußte der Kanzler nicht nur ein paar Minister als Ballast abwerfen, sondern auch so wertvolle Errungenschaften wie die Quellensteuer. Ab 1. Juli ist sie wieder abgeschafft. Der Aufwand bei Banken und Finanzämtern kostet nun mehr, als eingenommen wurde. Außer Spesen nichts gewesen.

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